Lil Johnson: "Hottest Gal In Town" (1936)


Ja, Lil Johnson ist das hottest gal in town, daran gibt es nichts zu rütteln und schütteln. Ihr beeindruckender Gesang wird auf dieser Aufnahme von Arnett Nelson an der Klarinette, John Lindsay am Bass, Black Bob Hudson am Piano und einem unbekannten Trompeter, könnte Lee Collins sein, kraftvoll begleitet. Über Lil Johnson ist leider wenig biografisches zu finden, kein Geburtsjahr und auch kein Todesjahr. Ihre ersten Aufnahmen entstanden 1929 in Chicago. Sie wurde dabei von den Pianisten Montana Taylor und Charles Avery begleitet. Die meisten Aufnahmen entstanden zwischen 1935 und 1938 für Vocalion Records, auf einigen davon ist auch Big Bill Broonzy an der Gitarre mit dabei. Im Buch "Die Story des Blues" von Paul Oliver ist über Lil Johnson nur zu lesen, dass der Song "Hot Nuts - Get 'Em From The Peanut Man" eine ihrer Lieblingsnummern war, dass ihre Karriere ungefähr zur gleichen Zeit begann wie die von Georgia White, dass sie Aufnahmen mit Big Bill Broonzy machte und dass Charles Avery beim Song "Never Let Your Left Hand Know What Your Right Hand Do" eine Yancey-ähnliche Begleitung auf dem Klavier dazu spielte. Mit Yancey ist wohl der farbige Blues- und Boogie Woogie-Pianist Jimmy Yancey gemeint, denke ich. Auch in "Blues People" von Amiri Baraka oder "Heroes Of Blues, Jazz & Country" von Robert Crumb ist absolut nichts über Lil Johnson zu finden. Schade. Naja, lassen wir noch den Schweizer Dirigenten Ernest Ansermet, der 1917 in Zusammenarbeit mit Pablo Picasso, Jean Cocteau und Léonide Massine das Ballett "Parade" von Erik Satie zur Uraufführung brachte, zu Wort kommen: Der Blues ist da, wenn der Neger traurig ist, wenn er weit weg von zu Hause, seiner Mutter oder seiner Geliebten ist. Dann denkt er an ein Motiv oder an einen Lieblingsrhythmus und nimmt seine Posaune oder seine Geige, sein Banjo, seine Klarinette oder seine Trommel oder er singt und tanzt einfach. Und mit dem gewählten Motiv lotet er die Tiefen seiner Imagination aus. Das vertreibt seine Traurigkeit - das ist der Blues. Wow, auch in der Schweiz wurde 1918 schon über den Blues gedacht. Wollen wir nur hoffen, dass der Blues die Traurigkeit von Lil Johnson vertrieben hat - oder war sie frecherweise gar nicht so traurig, dies steht in den Sternen.