Novak's Kapelle: "Hypodermic Needle" (1968)


Österreich, yeah, auch da gabs bereits in den 60er Jahren durchaus hörenswerte Popmusik. Novak’s Kapelle spielten Garage Pop mit Wiener Charme, haha. Die Band wurde 1967 von den Musikern Erwin Novak (Drums), Walla Mauritz (Vocals, Harmonica, Saxophone), Peter Travnicek (Bass, Vocals) und Helge Thor (Guitar) in Wien gegründet. Erwin Novak: Ich habe damals mit jedem von Novak's Kapelle in einer anderen Gruppe gespielt und die so zusammengebracht. Kapelle nannten wir uns, weil wir für eine Kirche zu klein waren. Kapelle bezog sich also auf die Kirche. So sind wir aufgetreten, der erste Auftritt war in einer amerikanischen Schule. Wir haben aber gleich eigene Nummern gespielt, wir sagten auch, dass wir nur auf großen Bühnen spielen. Im Clubwesen waren wir überhaupt nicht. In den 60er Jahren erschienen die beiden Singles "Hypodermic Needle / Doing That Rhythm Thing" 1968 und "Not Enough Poison / Smile Please" 1969 bei Amadeo Records. Gitarrist Helge Thor verließ 1970 die Band und tauchte erst Anfang der 80er Jahre mit der Band The Clue wieder in der Popwelt auf. The Clue bestand aus Helge Thor (Vocals, Guitar, Organ), Bernd Enzlmüller (Bass) und Rudy Sykora (Drums) und veröffentlichte 1981 bei CBS Records die Single "Hard Life / Theme For Thelma". Neuer Gitarrist bei Novak’s Kapelle wurde Paul Braunsteiner. Im Jahr 1971 produzierte die Band ein Demoalbum, das allerdings nie offiziell veröffentlicht wurde. Das Debütalbum "Naked" erschien dann erst 1978 beim Label BMG-Ariola Austria und wurde wegen des Covers, das zwei nackte ältere Damen zeigt, zum Skandal. Paul Braunsteiner: Das Cover des Novak's Kapelle-Albums "Naked", das 1978 erschienen ist, war natürlich super. Eine der nackten älteren Damen, die man da sehen kann, war die Mutter vom Travnicek. Die haben sich ohne Genierer ablichten lassen, im Fernseher rannte dazu parallel die Mondlandung. Und die Sabine Sarnitz, die Freundin vom Travnicek, hat fotografiert. Walla Mauritz: Die Idee für das Cover kam ursprünglich von mir. Ich wollte eine genaue Kopie der Hendrix-Platte "Electric Ladyland" - aber eben nur mit alten Frauen. Wir haben nicht genügend zusammengebracht. So ist es halt bei zweien geblieben. Durch die lächerlich schlüssellochbourgeoise Haltung der Plattenfirma - das könnte ja irgendjemanden stören - wurde die Hülle dann 'neutralisiert'. Das hat das Sujet natürlich noch interessanter gemacht. Die Band bestand zu diesem Zeitpunkt aus Erwin Novak, Walla Mauritz, Peter Travnicek, Paul Braunsteiner und Harry Stojka (Guitar). Als Background-Sängerinnen wirkten bei "Naked" noch Gitta Walther, Maria Neuhaus und Renate Mauerer mit. Einer der letzten Auftritte von Novak’s Kapelle fand 1978 im Punk-Club SO36 in Berlin statt. Im Jahr 1979 brachte die Band beim eigenen Label O Tannenbaum Records noch die EP "Brennmaterial für die 80er Jahre" heraus und löste sich danach auf. Wer mehr über Wiener Popmusik wissen will, sollte sich das Buch "Wien Pop - Fünf Jahrzehnte Musikgeschichte erzählt von 130 Protagonisten" besorgen. Das Buch ist 2013 beim Falter Verlag erschienen, nicht wirklich toll, aber durchaus informativ. Der Song "Hypodermic Needle" befindet sich in meiner Sammlung auf der CompilationCD "Electrick Loosers - The Story Of Volkslied Into Krautrock", die 1996 beim Label Blumenkraft erschienen ist. Bei Blumenkraft erschienen dann noch die CDs "Electrick Loosers #2" 1998 und "Electrick Loosers #3", ohne Angabe des Erscheinungsjahrs. Auf #2 ist von Novak’s Kapelle der Song "Smile Please" drauf. In den liner notes steht bei Novak’s Kapelle zu lesen: Novak's Kapelle. From Wien, Österreich. Several Singles For The Amadeo Label. Charles Manson & His Family Are Rumoured To Have Covered Most Of Their Songs. Krypton. Aktionsanalytische Organisation. Haha, was Novak’s Kapelle mit der 1972 von Otto Mühl gegründeten Aktionsanalytischen Organisation (AAO) zu schaffen hatte, weiß ich nicht, garnix wahrscheinlich, genausowenig wie mit Charles Manson und seiner Family. Otto Mühl: Wer den Krieg abschaffen will, muß zuerst die Kleinfamilie beseitigen. Okay okay, ich trage jetzt ein Hörgerät und bemühe mich, es mit meiner Leidenschaft für Pop in Einklang zu bringen. Haltet mir die Daumen!