Sister Rosetta Tharpe: "Singing In My Soul" (1944)


Gospelmusik, huch, auch so ein Genre, dessen Schönheit man manchmal erst im reiferen Alter für sich entdeckt. Für diese Musik ist Sister Rosetta Tharpe eine tolle Einstiegsdroge, da ihre Gospelsongs sehr viel Blues, ja, Rhythm'n'Blues haben. Sister Rosetta Tharpe wurde 1915 als Rosetta Nubin in Cotton Plant, Arkansas geboren. Mit 6 Jahren zog sie mit ihrer Mutter nach Los Angeles, begann in Kirchen zu singen und lernte Gitarre spielen. Schon als Kind wurde sie Little Sister Rosetta genannt. Mit 19 Jahren heiratete Rosetta Nubin Reverend Thomas A. Thorpe, von dem sie sich zwar bald wieder scheiden ließ, dessen Namen sie aber, leicht abgeändert zu Tharpe, als Künstlername nutzte. Im Jahr 1938 wurde Sister Rosetta Tharpe von Cab Calloway für seine berühmte Cotton Club Revue in Harlem engagiert und machte erste Plattenaufnahmen mit ihm und der Lucky Millinders Big Band für Decca Records. Sister Rosetta Tharpe trat kurze Zeit in Nachtclubs auf, entschied sich dann aber für eine Gospelkarriere. Mit ihrer kraftvollen Stimme und ihrer elektrischen Gitarre bediente Sister Rosetta Tharpe zwar kaum das Klische der orthodoxen Gospelsängerin, wurde aber schon bald zur ersten Gospelsängerin, deren Aufnahmen sich millionfach verkauften. Sie nahm Duette mit der Sängerin Mary Knight wie auch mit ihrer Mutter Katie Bell Nubin auf und trat beim berühmten Konzert "From Spiritual To Swing" in der Carnegie Hall auf. Mitte der 40er Jahre begann Sister Rosetta Tharpe mit dem Boogie-Woogie-Pianisten Sammy Price zu arbeiten und bereits ihre erste gemeinsame Aufnahme "Strange Things Happening Every Day" schaffte es in die Top Ten der Billboard Race Records, was bei Gospelsongs äußerst selten war: Jesus is the holy light / Turning darkness into light / There are strange things happening everyday. Der Song wurde später von Johnny Cash und Michelle Shocked erfolgreich gecovert. Als Race Records oder Race Music wurden alle Musikgenres von AfroamerikanerInnen wie Blues, Jazz oder Gospel bezeichnet. Im Jahr 1949 änderte der Billboard Journalist Jerry Wexler den Begriff dann in Rhythm And Blues Records ab. Darüber schreibt der farbige Autor Albert Murry in seinem 1976 erschienenen Buch "Stomping The Blues": Es bleibt eine Tatsache, dass in der schwarzen Presse der 20er Jahre prominente Neger-Führer und Sprecher sich als Rassenführer und Rassensprecher bezeichneten. Die Aufregung über die Anwendung dieses Begriffs auf Schallplatten war unangebracht. Huch, ich denke, das ist eine äußerst komplexe Angelegenheit und ich halte mich da mal als Bleichgesicht hübsch raus, jedenfalls spreche ich persönlich lieber von Rhythm And Blues Records. Na ja, Sister Rosetta Tharpe war bis Ende der 60er Jahre sehr aktiv, musste nach einem Schlaganfall 1970 etwas kürzertreten und starb dann 1973 in Philadelphia. Im französischen Spielfilm "Die fabelhafte Welt der Amélie" 2001 von Jean-Pierre Jeunet, wird ein kurzer Auftritt von Sister Rosetta Tharpe gezeigt und 2003 erschien das Album "Shout, Sister Shout: A Tribute To Sister Rosseta Tharpe" mit Interpretationen ihrer Songs von unter anderen Maria Muldaur, Odetta oder Marcia Ball. Wenn ein Mensch stirbt, verschwindet eine ganze Bibliothek, lautet ein wunderschönes Sprichwort der Kikuyu. Yeah, wer sind die Kikuyu? Eine bantusprachige ethnische Gruppe im ostafrikanischen Kenia. Wow, wieder was gelernt. Der Song "Singing In My Soul" befindet sich in meiner Musiksammlung auf der 2004 bei Saga Records erschienenen CD "Original Soul Sisters - Singing In My Soul". Auf dieser CD befindet sich auch der Song "Up Above My Head I Hear Music In The Air" von Sister Rosetta Tharpe und Marie Knight und natürlich andere Soul Sisters wie Julia Lee, Nellie Lutcher, Dinah Washington, Alma 'Miss Lollipop' Mondy und viele mehr.