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lichterloh
(leseprobe)
Das Bild
Laura
sagt zu Judith.
"Das Bild, das wir von uns besitzen, ist ein Versiegeltes. Aus allen
Richtungen strömen Menschen herbei, um das Siegel zu erbrechen. Dann
wird das Bild weitergereicht, man wägt sein Gewicht auf den Handtellern
oder hält es wie ein Schild vor die Brust, vermeidet es jedoch, in
sein Inneres zu blicken. Für einen Augenblick, gleichsam in der Schwebe,
offenbart es sich und schenkt für Sekundenbruchteile Einblick in
sein Inneres, bevor es sich wieder verschließt und zur Kugel wird.
Anschließend rollt es über die schräge Fläche unserer
Vorstellungen zu einem Abgrund, in dem alles, was außerhalb von
uns liegt, versammelt ist. Aus Gewohnheit muß das so sein. Aber,"
Laura flüstert und hebt den Zeigefinger, "es kommt auch vor,
daß Teile von uns dort lagern, eben jene Eigenschaften, für
die wir uns schämen. Unser Bild bleibt vor diesem Abgrund stehen
und schätzt die Höhe des freien Falls, bevor es springt. Unser
Bild fällt. Wenn es zerplatzt, beschäftigen wir uns schon längst
mit einem anderen, auf jedem Fall muß es versiegelt sein. Verstehst
Du," sagt Laura zu Judith, die sich lachend die Ohren zuhält.
"Und wie geht es weiter", brüllt sie.
"Das weiß ich nicht. Aber die meisten Menschen sterben dabei",
erwidert kleinlaut Laura.
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