Johanna Lier :
LIEB AN LAND SCHAFTEN
2001, 56 Seiten, öS 90.- / DM 13.-
3-900956-55-3

einbruchsfront (auszug)




sie hat gelernt, wie man schneidet. öffnet, schnell einfängt, positioniert und kahl schnei-det. danach geht sie und formt. sie mag nicht verlassen, scheint ihr weg weg und zugleich unüberwindbar hoch. sie sitzt und schaut und spürt an ihrem nackten die wechselnden.

sie hat gelernt,wie man bäume schneidet, im frühjahr oder auch im herbst. es ist ihr ritual, dass sie morgens im badezimmer das fenster öffnet, mit einem blick die farbe des wassers im seebecken einfängt, ihr gesicht im bildaus-schnitt des spiegels positioniert und mit dem rasierapparat den schädel schneidet. danach geht sie in den garten und formt den baum. sie mag zu dieser zeit ihren garten nicht ver-lassen, der zaun scheint ihr. sie sitzt auf der bank oder im kies und schaut auf ihre bäume und spürt an ihrem kopf die temperaturen der luft.