ein sonntag
oder: wie soll die woche beginnen?

2008, 60 Seiten, Euro 11,-
978-3-900956-88-2

 

klappentext eins
ein sonntag ist eine versammlung von sechs texten, geschrieben von ilse kilic und fritz widhalm. diesen texten haben christian futscher, alice harmer, gerhard jaschke, günther kaip, magdalena knapp-menzel und lisa spalt bildnerische ebenen beigefügt. den abschluss bilden unser sonntag, gezeichnet von ilse und fritz sowie klappentext zwei, bestehend aus einem gedicht von magdalena knapp-menzel.
mit ein sonntag korrespondiert eine zweite, nahezu zeitgleich im fröhlichen wohnzimmer erschienene textversammlung: zwei bisschen. hier zeichnen ilse und fritz zu texten von ruth aspöck, adelheid dahimène, wolfgang helmhart, brigitte sasshofer, nikolaus scheibner und günter vallaster.
zwei bisschen und ein sonntag bedanken sich für die schönen schweine auf den buchumschlägen bei alice harmer.

 

Gerhard Jaschke (Bild)

Mein Mittwoch (Textauszug)

Ich wurde als Tochter geboren. Mittwoch. Dreizehn Uhr. Beherzt streckte ich mein Köpfchen hinaus in die Welt, noch im Zweifel aber schnell. Nur aus Erzählungen kenne ich den Schrei. Dann nahm die dreizehnte Fee die Spindel und pflanzte eine Rose, aus der später mein Großvater wurde, mit Wangenrot und Seemannsgarn. Ich war Mittwochsbraten, arrangiert auf einer Decke in Begleitung von zwanzig Fingern, das Kindchen, das einen Namen braucht, an dem wir es festhalten können.

Der Mittwoch geht vorbei und kommt doch immer wieder, jedesmal in neuem Gewand, ich bin kein Eichkätzchen, die Erinnerung steht unter Denkmalschutz, Feuersalamander, bedrohte Tierart, kühle Haut. Dreiäuglein zwinkert immer wach im Wachslicht, lass dein Haar herunter, zwei Paar Brillen, später drei, dann wieder zwei, dann nur mehr eine, ich trage Kontaktlinsen, bald.

Meine Mutter war Zirkusakrobatin, und berühmt für ihre halsbrecherischen Kunststücke. Falsch. Mein Vater war Dressurreiter. Falsch. Meine Eltern lernten sich an einem Mittwoch kennen. Richtig. Nach meiner Geburt gaben meine Eltern das Zirkusleben auf und wurden Turnlehrer und Turnlehrerin. Falsch. Ich wurde mit Brille geboren. Falsch. Ich wurde als Enkelin eines Donaudampfschifffahrtskapitäns geboren. Richtig. Mit vier Jahren lernte ich schwimmen. Richtig. Mein Großvater nannte mich bleierne Ente. Richtig. Meine Nase neigt sich nach links, weil links von mir die Sonne aufging. Durch das Fenster kitzelte sie mein linkes Nasenloch, das sich daraufhin vergrößerte. Durch meine Nase wollte ich die Sonne in mein Herz locken. An einem Mittwoch im Dezember brach ich im Eis der Alten Donau ein. So war es. Ich lache und werde mein eigener Denkmalschutz. Mittwochsbraten, kichert die Hexe in ihrem Ofen, wir sehen die Warzen, es sind drei, später zwei, bald.