Mel Torment & Boopsie (Baby):
"Our Goodnight Song (Goodbye)" (1990)


Mel Torment & Boopsie (Baby) veröffentlichten 1990 in kleiner Auflage eine gleichnamige Kassette mit 11 Songs. Diese Kassette kann man sich bei wfmu.org gratis downloaden, yeah. Hinter Mel Torment und Boopsie (Baby) verbergen sich Mark Ashwill und Julie Spodek. Mark Ashwill begann seine musikalische Laufbahn als Drummer in der New Yorker Industrial Noise-Band Missing Foundation, die aus den Musikern Mark Ashwill, Adam Nodelman, Chris Egan und Peter Missing bestand und 1987 ihr gleichnamiges Debütalbum beim Label Purge/Sound League veröffentlichte. Insgesamt brachte es die Band auf 5 Alben, das letzte war "Go Into Exile" 1992 bei Restless Records. Mark Ashwill machte dann als Sänger der Punk-Band The Spitters weiter, der neben ihm noch Tim Bradlee, Bill Bronson und Louis Echavarria angehörten. The Spitters schenkten uns die beiden Alben "Give" 1994 bei Funky Mushroom Records und "Sun To Sun" 1995 beim Label PCP Entertainment. Mark Ashwill starb 2000 im Alter von 45 Jahren. Bullshit! Julie Spodek war angeblich Sängerin der New Yorker Band The Gamma Rays, von der ich bisher nur den Song "Risk" auf der 1990 erschienenen Compilation "The Phoaming Edison Tapes" finden konnte. Neben bekannteren Acts wie Azalia Snail und Uncle Wiggly gibts darauf völlig Unbekanntes wie Modern Day Carpetbaggers, Blowdryer Experience oder Jolly Ramey zu entdecken. Fein, fein. Julie Spodek ist aber irgendwie auch als Trapezartistin tätig. William Berger von WFMU - A Radio Station That Bites Back schreibt über die Kassette: The opening piece, "Our Goodnight Song (Goodbye)", is the gem of the collection, a haunting lo-fi spirit procession. Other favorites of mine include "Mighty Fountains..." (with its unsettling pause-button trickery), "What Goes In, Don’t Nesecarily Have to Come Out" and the screechy jazz drone of "Shadow Shift". Boopsie war eine in den USA der 50er Jahre sehr beliebte Baby Doll aus Hartplastik und Mel Torment war eines von vielen Pseudonymen, die John Lennon verwendete, ob sich Mark Ashwill und Julie Spodek darauf beziehen, weiß ich nicht, aber es wäre durchaus im Rahmen der Möglichkeiten. Fein, fein. Gestern hatte ich wieder mal einen meiner berühmtberüchtigten Migräneanfälle mit Seh- und sonstigen Störungen. Heute sitze ich schon wieder an meinem Computer, naja, vielleicht noch ein bisschen wackelig und nervös, aber ich schreibe bereits wieder an meiner berühmtberüchtigten "I Wanna Be A Cowboy’s Sweetheart"-Liste, yeah. Ich bin zwar ein Angsthase, aber eben ein "Rabbit Fighter", wie Marc Bolan so schön im gleichnamigen Song von 1972 singt. Hört euch Mel Torment und Boopsie (Baby) im Blog der Radio Station WFMU an, dort kann man das Album auch gratis runterladen für dem mehrmaligen Gebrauch. Es gibt so viele irgendwo versteckte Popperlen, kann nur hoffen, dass ich in meiner verbleibenden Lebenszeit noch einige davon entdecken werde. Prost Freund*innen und haltet meinen Migränekopf die Daumen, der Rest funktioniert noch so halbwegs. Naja, das Gehör wird auch immer schlechter und schlechter, aber das gehört ja auch zum Kopf. Vielleicht muss ich bald einen Song mit dem Titel "Hörgeräte Blues" schreiben. Na ja, was solls, das Altwerden ist kein Honigschlecken. Ich lese gerade das Buch "Der Sound der Jahre. Westdeutschlands Reise von Jazz und Schlager zu Krautrock und darüber hinaus - Ein Trip durch fünf Musikjahrzehnte" von Jan Reetze, es ist 2022 beim Halvmall Verlag in Berlin erschienen. Das Buch ist lesenswert, obwohl mir Jan Reetzes altkluge Schlaumeierei des öfteren auf den Geist geht. Jan Reetze ist Jahrgang 1956, wie ich. Egal. Jan Reetze: Wie überall auf der Welt entstand auch in Deutschland die Musik nicht einfach 'unter den damaligen Umständen', sondern sie entstand wegen der jeweils gegebenen Umstände - und gar nicht so selten hatte sie wiederum eine explizite Rückwirkung auf die Umstände. Das ist die Grundidee dieses Buches. Es wirft einen Blick auf die Geschichte Westdeutschlands zwischen 1945 und 1990 im Spiegel seiner populären Musik. Denn eine Geschichtsschreibung, die sich nur von Meisterwerk zu Meisterwerk hangelt, würde am Ende das verfehlen, was Massenattraktivität ausmacht. Deswegen geht es hier weniger um hochklassige Bildungsmusik (nennen wir sie mal so), sondern hauptsächlich um die Alltagskultur, um den Schlager, um Gebrauchsmusik, Musik im Fernsehen, kurz: um das, was die Deutschen durch ihr Leben begleitet und sie geprägt hat. Den wichtigsten Schwerpunkt bildet dabei die Krautrock-Ära der 1970er Jahre. Was genau das sein soll, "Krautrock", ist nie klar definiert worden, aber in der Regel ist damit die Rockmusik gemeint, die in der Bundesrepublik Deutschland zwischen den späten 1960er- und den späten 1970er-Jahren entstand. Und wenn deutsche Musik im Ausland je wahrgenommen worden ist, dann ist es, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Musik genau dieser Zeit. Okay. Ich glaube zwar nicht, dass Krautrock damals in der Bundesrepublik Deutschland Massenattraktivität erreichte, auch würde ich nicht alle Rockmusik, die in dem oben genannten Zeitraum in der Bundesrepublik entstand, dem Genre Krautrock zuordnen, obwohl die Grenzen da wie immer schwimmend sind, aber was solls, was solls, das Buch ist interessant und manchmal einfach zu sehr von sich eingenommen, nicht das Buch, der Autor natürlich. Trotzdem, es zu lesen lohnt sich.

05.10.2022