Sergius Golowon: "Sie weiße Alm" (1973)


Sergius Golowin war Schriftsteller, kein Musiker, aber er hat 1973 beim Label Die Kosmischen Kuriere das Album "Lord Krishna von Goloka" veröffentlicht. Begleitet wird er auf diesem Album von den Musikern Jerry Berkers (Gitarre, Bass, Bongos, Chor), Jürgen Dollase (Piano, Mellotron, Vibraphon, Triangel, Gitarre), Jörg Merke (Gitarre, Orgel, Perkussion, Flöte, Electronics, Congas, Triangel, Glockenspiel, Chor), Klaus Schulze (Schlagzeug, Orgel, Mellotron, Gitarre, Electronics, Perkussion), Walter Westrupp (Gitarre, Flöten, Mundharmonika, Südkambodschanisches Windspiel, Psalter, Tablas, Perkussion) und Bernd Witthüser (Gitarre). Produziert wurde es von Rolf-Ulrich Kaiser, dem Betreiber der Labels Ohr, Pilz, Die Kosmischen Kuriere und Kosmische Musik, in Klammer steht dann noch mit Hilfe von Gille Lettmann dabei. Gille Lettmann war die damalige Lebensgefährtin von Rolf-Ulrich Kaiser und hat 1974 unter dem Pseudonym Sternenmädchen bei den Alben "Gilles Zeitschiff", "Planeten Sit-In" und "Galactic Supermarket" mitgewirkt. Goloka / Kuhland / weisse Alm / weiss wie / Edelweissblumen / und / Stechapfelblüten / Kreuzpunkt des Lichtglanzes / aller Milchstraßen / wo nur schallt die Flöte / des göttlichen Kühers / des guten Hirten / Goloka, Goloka / das war / das ist / das sein wird / Goloka / Land / da liegt Zeit still / sämtliche Ewigkeiten / Kränze sind um Krishnas Haar / nur von Dir träumen, träumen, träumen / sämtliche Wesen und Welten. Der Text von Sergius Golowin ist esoterisches Brimborium, aber gemeinsam mit der Musik funktioniert die Sache wunderbar, also einfach genießen und die Stimme als zusätzliches Instrument betrachten, was sie ja auch schließlich ist. Sergius Golowin wurde 1930 in Prag, Tschechoslowakei geboren und zog 1933 mit seiner Mutter, der Schriftstellerin Alla von Steiger, nach Bern in die Schweiz. Nach der Schule arbeitete Sergius Golowin in der Berner Stadt- und Universitätsbibliothek. Anfang der 50er Jahre gründete er mit Franz Gertsch, Niklaus von Steiger und Zeno Zürcher den freien Diskussionskreis Tägel-Leist. Von 1957 bis 1968 arbeitete Sergius Golowin als Achivar in Burgdorf, der größten Stadt im Emmental. Sein erster Gedichtband "Aus den Höhen" erschien 1956 beim Verlag 'Sonnseitig leben'. Sergius Golowin veröffentlichte aber nicht nur eigene Literatur, sondern war auch Herausgeber von Büchern wie "Von den Erdleutlein und dem goldenen Alter - Volkssagen aus dem Bernerland" 1961, "Von den seligen Jagdgründen - Nordamerikanische Indianermythen" 1962 oder "Slowakische Sonnensagen - Aus westslawischen Mythen" 1963. Weiters schrieb er Sachbücher wie "Die Magie der verbotenen Mächte - Von Hexendrogen und Feenkräutern" 1974, "Die Welt des Tarot - Geheimnis und Lehre der 78 Karten der Zigeuner" 1975, "Hexen, Hippies, Rosenkreuzer - 500 Jahre magische Morgenlandfahrt" 1977, "Dada im Mittelalter - Notizen zu einer Antiliteratur" 1980 etcetera etcetera. Von 1971 bis 1981 war Sergius Golowin Großrat des Landesringes der Unabhängigen (LdU) und setzte sich besonders für Kultur- und Umweltanliegen ein, unter anderem setzte er durch, dass der Kanton Bern 1975 die Minderheitenrechte der Fahrenden auf ihre eigene Kultur offiziell anerkannte. In den 70er Jahren war er auch in der Radgenossenschaft der Landstraße aktiv, der Dachorganisation der Fahrenden, womit im Schweizer Recht sowohl Jenische als auch Manische mit Schweizer Staatsbürgerschaft gemeint sind. Im Jahr 1978 war Sergius Golowin Redner bei der Fiesta Monte Verità, einer Veranstaltung zum Gedenken an Gusto Gräser, der allgemein als Vater der Alternativbewegungen gilt und mit seinem Bruder Karl Gräser die Reformsiedlung Monte Verità bei Ascona mitbegründete. Zu den Gründer*innen gehörte auch die österreichische Pianistin Ida Hoffmann, die unter anderem auch eine neue ortografi entwickelte. Die Bewohner des Monte Verità streben entgegen dem oft lügerischen gebaren der geschäftswelt u. dem her konvenzioneler forurteile der geselschaft danach in wort u. tat ›war‹ zu sein, der lüge zur fernichtung, der warheit zum sige zu ferhelfen. Sergius Golowin war beim Schweizer Staatsschutz als prominentester Nonkonformist von Bern registriert. Ja, Sergius Golowin war schon irgendwie ein Guter, obwohl er mich als Schriftsteller nie sonderlich interessiert hat. Sorry. "Dada im Mittelalter - Notizen zu einer Antiliteratur" habe ich natürlich gelesen und im Bücherschrank stehen. Sergius Golowin starb 2006 im Alter von 76 Jahren in Bern, sein letztes zu Lebzeiten erschienenes Buch war "Von Elfenpfeifen und Hexenbier - Magie um unsere Genussmittel", das 2003 im Nachtschatten-Verlag erschien. Hmm, muss bei meinem nächsten Besuch in der Städtischen Bücherei nachsehen, was da alles von Sergius Golowin herumsteht, einiges wie "Das Geheimnis der Tiermenschen - Von Vampiren, Nixen, Werwölfen und ähnlichen Geschöpfen", "Drache, Einhorn, Oster-Hase und anderes phantastisches Getier" oder "Magie der Vogelscheuchen" klingt eigentlich durchaus interessant. Vielleicht sollte ich da mal meine forurteile abbauen, was Themen wie Magie, Alchemie etcetera etcetera betrifft. Habe gerade das Buch "Sympathy for the Devil? Transformationen und Erscheinungsformen der Traditionsfigur Teufel in der Rockmusik" von Manuel Trummer gelesen, es ist eine Dissertation und der so genannte Aufbau der Arbeit, die inhaltliche Strukturierung etcetera etcetera ist etwas nervig, aber es zahlt sich trotzdem aus, das Buch zu lesen. Manuel Trummer ist ein durchaus am Thema interessierter angehender Wissenschaftler und ein fleißiger Materialsammler. Quorthon alias Ace Forsberg von der schwedischen Metalband Bathory erzählt in diesem Buch: Ich hatte in einem satanischen Buch gelesen, dass Gold und Silber die satanischen Farben sind, also wollte ich den Geißbock und das Logo in Gold haben, aber dies war dem Label zu teuer. Also druckten sie es in Gelb, weil das Gold am nächsten kam. Doch es sah dann mehr nach Banane aus. Diese Erzählung beendet er mit dem schönen Satz: Wenn man jemandem die wahre Geschichte erzählt, dann verdirbt man ihm seine Vorstellung. Quorthon starb 2004 im Alter von 38 Jahren in Stockholm. Sein Vater war The Boss alias Stig Börje Forsberg, der Betreiber des Extrem-Metal-Labels Black Mark Production. The Boss starb 2017 im Alter von 73 Jahren, Black Mark Production wird nun von seiner Witwe Klaudia Scharein-Forsberg betrieben. Okay. Der Song "Die weisse Alm" ist auf der 2013 bei Soul Jazz Records erschienenen CompilationCD "Deutsche Elektronische Musik 2 (Experimental German Rock And Electronic Musik 1971-83)" zu finden. Tolle CD, tolles Label!