Guru Guru: "Der Elektrolurch" (1973)


Krautrock, yeah, mit viel Humor und viel Percussion. Mani Neumeier: Wir spielen nicht kosmischen, sondern komischen Rock. Klar, das war eine kleine Gehässigkeit in Richtung Rolf-Ulrich Kaiser und sein Label Kosmische Kuriere, aber irgendwie auch durchaus treffend, was die Musik von Guru Guru betrifft. Mani Neumeier: Unser Standpunkt ist, dass Jimi Hendrix oder die Stones einfach politischer sind. Politischer, als wenn einer politische Liedchen mit Harmonien singt, die total alt und banal sind. Das kann nichts bringen, auch wenn du sagst, 'Schlag den Kapitalismus tot'. Das bringt nichts, so ein Lala-Liedchen. Du mußt auch andere Töne machen. Ich geb ihm da durchaus recht, obwohl der Kapitalismus auch beim Schlucken anderer Töne recht flott ist, ja, und dann rülpst er zufrieden: Kunst! Guru Guru haben nie mitgespielt, was die Vermarktung ihrer Töne betrifft, die manchmal mehr oder weniger anders waren, und wurschteln sich noch immer fleißig durch die Popgeschichte, tapfer tapfer. Was der Name Guru Guru bedeutet, warum Guru Guru Musik machen und was sie machen, wenn sie einmal älter sind, wird im Song "Der Elektrolurch" gefragt und beantwortet, na ja, nicht wirklich beantwortet. Oder doch? Guru Guru wurde 1968 in Deutschland, ich glaube in München, da bin ich mir aber nicht ganz sicher, von Mani Neumeier (Drums, Vocals), Uli Trepte (Bass) und Eddy Naegeli (Guitar) gegründet. Mani Neumeier und Uli Trepte spielten davor im Irène Schweizer Trio, also Jazz bzw. Free Jazz. Guru Guru veranstalteten Konzerte mit dem SDS (Sozialistischen Deutschen Studentenbund), spielten Sessions mit anderen Krautrockern wie Amon Düül oder Xhol Caravan, lebten in einer Landkommune im Odenwald und naschten gerne ein bisschen Acid, haha. Im Jahr 1970 erschien dann bei Ohr Records ihr Debütalbum "UFO", da hatte sich Eddy Naegeli aber bereits wieder verabschiedet und die Gitarre wurde nun von Ax Genrich bedient. Auch das zweite Album "Hinten" erschien 1971 bei Ohr Records, das übrigens auch ein Label von Rolf-Ulrich Kaiser war. In der Besetzung Neumeier, Trepte und Genrich erschienen noch die beiden Alben "Känguru" 1972 bei Brain Records und "Don't Call Us (We Call You)" 1973 bei Atlantic Records, danach ging Uli Trepte und neuer Bassist wurde Bruno Schaab. Mit Bruno Schaab als Bassist erschien nur das Album "Guru Guru" 1973, auf dem auch der Song "Der Elektrolurch" zu finden ist. Weiter gings mit dem Album "Dance Of The Flames" 1974 in der Besetzung Neumeier, Hans Hartmann (Bass) und Houschang Nejadepour (Guitar), danach waren Guru Guru eigentlich keine richtige Band mehr, sondern, wie das nächste Album im Titel feststellte "Mani und seine Freunde". Die Freunde auf diesem Album waren Sepp Jandrisits (Guitar), Ax Genrich (Guitar), Peter Wohlbrandt (Guitar, Vocals), Conny Plank (Guitar, Voice), Achim Rodelius alias Hans-Joachim Roedelius (Organ), Champion Jack Dupree (Piano, Vocals), Ingo Bischof (Piano, Synthesizer, Bongos, Backing Vocals), Moebi Moebius alias Dieter Moebius (Synthesizer), Jogi Karpenkiel (Bass), Hellmut Hattler (Bass, Backing Vocals), Tommy Goldschmidt (Congas, Percussion, Backing Vocals), Jan Fride (Percussion, Congas), Gerd Dudek (Tenor Saxophone, Flute) und, als einzige Freundin, Christa Fast (Voice). Ja, Mani Neumeier hat eine ganze Menge Freund*innen. Mani Neumeier ist noch immer als Guru Guru in der Popwelt unterwegs und veröffentlicht tapfer alle paar Jahre ein neues Album, zuletzt erschien 2018 beim Label Trance-Music das Album "Rotate!". Auf diesem Album wird Mani Neumeier von Jan Lindqvist (Guitar, Lap Steel Guitar), Roland Schaeffer (Guitar, Vocals, Saxophone, Nadaswaram, Flute) und Peter Kühmstedt (Bass, Vocals) musikalisch unterstützt. Komische Songtitel im Programm von Guru Guru sind u.a. "Immer lustig" 1972, "Das Zwickmaschinchen" 1973, "Lurchis Abenteuer" 1981, "Rastafari in Bayuvari" 1995 oder "Kleines Pyjama" 2005. Es gab im Laufe der Zeit auch einige Neumeier-Veröffentlichungen mit Guru Guru-Ablegern wie AMGG (AcidMothersGuruGuru), Amon Guru, Guru Freakout oder Gurumania, yeah. Gurumania waren Mani Neumeier und Jürgen Engler (Guitar, Keyboards, Bass, Vocals), die 1995 bei Our Choice Records die EP "Der Elektrolurch" veröffentlichten, auf der sich die 4 Songs "Der Elektrolurch", "Der Elektrolurch (Krautrock-Version)", "Der Ethnolurch" und "Der Elektrolurch (Psychedelic-Version)" befinden. Das Album "Guru Guru" mit der Originalversion des Songs wurde 2007 bei Brain Records als CD neu aufgelegt. Sehr empfehlenswert ist auch die 2011 beim Label Vive La Difference! erschienene DoppelCD-Compilation "Kraut’n’Rock - Guru Guru Grooves". Der Song "Der Elektrolurch" ist da zwar nicht drauf, aber 9 Minuten "Elektrolurch Mutation" in der Besetzung Mani Neumeier (Drums, Vocals), Peter Kühmstedt (Bass), Luigi Archetti (Guitar) und Roland Schaeffer (Guitar). Yeah, Guru Guru gehört in jedes Haus. Hellmut Hattler: Mani, mein musikalischer Weggefährte und Freund ist ein Freak. Ohne wenn, aber im positivsten aller Bedeutungen. Also einer, der sich selbst mit all seinen tollen Talenten und bizarren Einfällen ausserhalb des gesellschaftlichen Mainstreams in Szene setzt, charmant provoziert und einem den Spiegel vorhält ohne Vorhaltungen zu machen. Ein Original, auch dies im besten Sinne: keine Kopie, sondern stets er selbst und sich über Jahrzehnte hinweg treu geblieben. Musikalisch und in seiner ganzen Weltanschauung. Er verkörpert alles, was mir wichtig ist - und dafür bin ich ihm sehr dankbar! So, zum Abschluss noch eine Songempfehlung aus den 60er Jahren, hört euch bei youtube den Song "L-12-East" von der Band Groundspeed an. Psychedelic Progrock, yeah. Die Band Groundspeed war aus Brooklyn und bestand aus den Musikern Ken Kyle (Vocals), Bob Telson (Organ), Jesse Miller (Guitar), Rick Scheuer (Bass) und Mike Jacobs (Drums). Groundspeed haben 1968 bei Decca Records die Single "In A Dream / L-12-East" veröffentlicht, that's all. Ja, und jetzt braucht Fritzchen eine Zigarette.