Maggie Jones: "Anybody Here Want To Try My Cabbage?" (1924)


Cabbage ist Gemüse, Kohl. Ich denke in diesem Song geht es aber nicht wirklich um Gemüse, sondern um Sexualität. Geschrieben wurde er von Fats Waller und Andy Razaf. Zu Fats Waller will ich euch die Comicbiografie "Fats Waller" von Igort & Sampayo wärmstens ans Herz legen, erschienen 2005 beim avant-verlag. In diesem Comic sagt Fats Waller: Ich will die Zärtlichkeit einer Frau. Ich will besoffen sein, ohne zu trinken. Ich will hundert Revuen, tausend Songs und ein Theaterstück schreiben. Ein Stück über ein Leben ohne Musik. Ein Stück über die Stille. Alles in meinem Leben ist so laut. Naja, von der Zärtlichkeit eines Mannes war Fats Waller wohl nicht so ganz überzeugt. Aber, wer weiß. An anderer Stelle kann man ihn beobachten, wie er zwölf Songs mit Texten von Andy Razaf für 120 Dollar verkauft und dafür auf alle Rechte verzichtet. Am Weg ins Hotel sinniert er dann: 120 Dollar pro Tag, das sind 840 Dollar die Woche. 43.800 im Jahr. 4.300 Songs schaffe ich locker. Jede Wette. Es sind ja nur Lieder. Yeah, Fats Waller hat viele Songs in seinem kurzen Leben geschrieben und davon viele mit Andy Razaf. Am berühmtesten ist wohl "Ain't Missbehavin'". Oder vielleicht doch "Honeysuckle Rose", egal, einfach viele viele viele gute Songs und irgendwelche Gauner haben viel viel viel Geld damit verdient. Noch kurz etwas zu Andy Razaf oder Andriamanantena Paul Razafinkarefo, wie sein richtiger Name lautete, er war der Großneffe der letzten Königin von Madagaskar, Ranavalona III und seine mit ihm schwangere Mutter flüchtete in die USA als Madagaskar von den Franzosen als Kolonie besetzt wurde. Bevor Andy Razaf ein bedeutender Songtexter wurde, arbeitete er als Fahrstuhlführer in New York. Besonders hervorzuheben ist auch sein von Fats Waller vertonter antirassistischer Song "(What Did I Do To Be So) Black and Blue?", den Louis Armstrong oft eindrucksvoll vortrug. And does anybody here want to try my cabbage? Are you a good jelly roll baker? Do you need a little sugar in your bowl? Diese und viele ähnliche Fragen wurden oft gestellt in the early days of blues. Ja, food metaphors waren sehr beliebt in den 20er und 30er Jahren und hatten meist mit Sex und/oder Geld zu tun. Die Leute sind es nicht gewöhnt, dass ihnen Musik etwas über die Realität sagt, denn normalerweise kennen sie Musik nur als Flucht aus der Wirklichkeit, sagte Genesis P-Orridge von Throbbing Gristle irgendwann Ende der 70er Jahre, hmm, da wird er wohl recht haben und gehabt haben: Saturday Night Fever und/oder Tanz auf dem Vulkan. Sex!? Yeah, es gab und gibt eine Menge Sex in der Popmusik, in der Kunst - und überhaupt. Ich liebe Sex. Die Bücher von Charlotte Roche liebe ich zwar nicht aus ganzen Herzen, aber wo sie recht hat, hat sie recht: Frauen werden immer noch dazu erzogen, passiv zu sein, weil sie sonst angeblich für Männer nicht erotisch sind. Wenn eine Frau die Initiative ergreift und sich gezielt jemanden aussucht, mit dem sie Sex hat - dann sagen die Leute, das sei männliches Verhalten. Ich bin für mehr Sex - mehr Schweinereien, keine Tabus. Ich glaube, dass es vom echten Sex, dem Sex, der riecht und schmeckt und schmutzige Geräusche macht, nie genug geben kann. Das Pin-up, das ich auf einem Plakat sehe, wenn ich mein Kind zum Kindergarten fahre, das stört mich auch. Schon deshalb, weil es den Sex langweiliger, flacher, spießiger und unaufgeregter darstellt, als er in Wirklichkeit ist. Das sagte Charlotte Roche in Interviews, also liebe ich diese Interviews, haha, oder auch nicht - man muss die Leute ja nicht gleich lieben, wenn sie mal etwas Interessantes sagen. Aber zurück zur Musik, Blues'n'Jazz, Jazz'n'Blues, Maggie Jones war in den 20er Jahren als The Texas Nightingale bekannt und nahm zwischen 1923 und 1926 für Black Swan Records und Columbia Records mehrere Songs auf. Begleitet wurde sie auf diesen Aufnahmen von so namhaften Kollegen wie Louis Armstrong oder Fletcher Henderson. 1934 verliert sich ihre Spur. Zu finden ist der Song auf der LP "Louis Armstrong with Maggie Jones, Nolan Welsh, Clara Smith, Sippie Wallace (Vol.1)", die 1973 bei CBS in Netherlands in der Serie "Aimez-Vous Le Jazz / Do You Like Jazz?" erschienen ist. In dieser Serie erschienen auch Alben von Miles Davis, Art Tatum, Sidney Bechet, Duke Ellington, Django Reinhardt, Earl Hines, Cab Calloway, Fats Waller und vielen anderen. Auch die Wiener Plattenfirma Wolf Records hat zwei Alben mit Aufnahmen von Maggie Jones herausgegeben. Das Label wird seit 1974 von Hannes Folterbauer betrieben: Spiegelgasse 21, 1010 Wien. Und noch etwas konnte ich über Maggie Jones in Erfahrung bringen, sie wurde zirka 1900 als Fae Barnes in Hillsboro, Texas geboren und kam Anfang der 20er Jahre in New York an: Wham bam thank you mam.