Die Tödliche Doris: "Der Krieg der Basen" (1981)


 

Die Genialen Dilletanten in Berlin belebten die Punkszene ungeheim, yeah. Punk war ja inzwischen ein bisschen zu viel zum Pogoland geworden. Die Tödliche Doris wurde 1979 von den beiden Kunststudenten Wolfgang Müller und Nikolaus Utermöhlen in West-Berlin gegründet und kurz darauf von der Kunststudentin Chris Dreier vervollständigt. Die erste Veröffentlichung der Tödlichen Doris war die Kassette "Der Siebenköpfige Informator", die 1980 beim Label Eisengrau erschien. Die Kassetten "Der Siebenköpfige Informator" von der Tödlichen Doris und "Stahlmusik" von den Einstürzenden Neubauten waren Auslöser für die Band MagenDarmTrakt, die von mir und Bernhard Kölbersberger 1981 in Wien gegründet wurde. Im Jahr 1981 fand auch das Festival Genialer Dilletanten unter dem Titel "Die große Untergangsshow" im Berliner Tempodrom statt, mit dabei waren Bands wie Die Tödliche Doris, Die Unbekannten, Din A Testbild, Drei Mädels und das Meer, Einstürzende Neubauten, Leben und Arbeiten, Sentimentale Jugend, Sprung aus den Wolken, Vroamm! oder Wir und das Menschliche E.V. Als Moderator fungierte Wieland Speck, der spätere Leiter der Sektion Panorama bei der Berlinale. Chris Dreier verließ 1981 die Tödliche Doris und Dagmar Dimitroff kam neu dazu. Beim Merve Verlag erschien 1981 das von Wolfgang Müller herausgegebene Buch "Geniale Dilletanten". Klaudia Karloff: Ich stelle mir vor, dass jeder der praktisch oder theoretisch mit Musik 'zu tun' hat, dieses Buch unbedingt kennen muß. Denn was es an Anregungen, Angriffspunkten, wie auch immer bietet, ist unendlich viel und dass alle Beteiligten, trotz des ganzen Schwachsinns, der mitspielt, wirklich mit all ihrer Energie, Lust, Intensität, naja ihrem ganzen Leben dabei sind, wird mehr als deutlich und auch ohne Frage glaubwürdig. Neben Kassetten wie "Das typische Ding", "Tabea und Doris dürfen doch wohl noch Apache tanzen" oder "Die Tödliche Doris bewirbt sich um einen Sitz im Berliner Senat" erschienen auch einige Platten der Tödlichen Doris. Yeah! "Die Tödliche Doris" 1982 bei ZickZack Records, "Chöre & Soli" 1983 beim Label Pure Freude, "Unser Debüt" 1984 und "Sechs" 1986 bei Ata Tak Records. "Chöre & Soli" contains 1 book, 8 miniphon records and 1 battery driven device. Nach der Auflösung der Band erschienen dann auch noch einige Tonträger, z.B. die beiden empfehlenswerten Compilations "Das gab's nur dreimal" 1988 und "Der Siebenköpfige Informator, das typische Ding und mehr" 1999. Im Jahr 1982 ging Dagmar Dimitroff und Käthe Kruse kam zur Tödlichen Doris, zeitweise agierte die Band mit Tabea Blumenschein auch zu viert. Nach dem Ende der Tödlichen Doris veröffentlichten die 3 Mitglieder 1989 beim eigenen Label Die Tödliche Doris Schallplatten Soloalben, Wolfgang Müller "BAT", Nikolaus Utermöhlen "Karlsbad" und Käthe Kruse "Elegie im März". Der Song "Der Krieg der Basen" ist auf der 1981 bei Zickzack Records erschienen EP "Ohne Titel" zu finden. Er ist auch auf der 1993 bei Die Tödliche Doris Schallplatten erschienenen CD "Die unsichtbare 5. LP materialisiert als CD" als Bonustrack zu finden, da heißt er aber "Krieg der Cousinen". Die unsichtbare 5. LP besteht sozusagen aus den Alben "Unser Debüt" 1984 (Linker Kanal) und "Sechs" 1986 (Rechter Kanal). Sehr empfehlenswert ist auch das Buch "Subkultur Westberlin 1979-1989 - Freizeit" von Wolfgang Müller, das 2013 beim Verlag Philo Fine Arts erschienen ist. Wolfang Müller: Mit dem Instrumentarium einer gewöhnlichen Punkrockband ausgerüstet - Gitarre, Schlagzeug, Gesang - forscht die Tödliche Doris nach dem abwesenden Körper. Was die Tödliche Doris nicht sein will, ist 'originell', 'individuell' oder 'unvergleichlich'. Auch möchte sie sich keinesfalls 'selbst verwirklichen' oder 'sich selbst erfahren'. Dieses Buch sollte eigentlich auch in keiner Popsammlung fehlen, yeah. Keith J. Sanborn: Doris is a mythological, Duchampian porno-queen for the post-war generation, whose female members were so commonlay branded in Germany with the name. Doris is also a group of artists. Their activities include the promulgation of her official mythology, the publication of books, and live performances. Performances may include on a typical evening stories around a real campfire built on stage, rigorously controlled and highly dissonant music on electric and amplified instruments (only loosely comparable with NYC Noise Music), and last, but not least, films. Ja, die Tödliche Doris war von 1980 bis 1987 meine Braut und wir treffen uns noch immer gerne mal auf einen Plausch und mehr. Ein Kästchen, ein Schnürchen / ein Häschen, viel Öhrchen / sie rufen zum Tanz / verliebte Pärchen! Nikolaus Utermöhlen starb 1996 im Alter von 38 Jahren an AIDS, Tabea Blumenschein 2020 im Alter von 67 Jahren. Beim Major Label erschien 2019 die Box "Das Typische Ding - Reenactment (I)", diese Box wurde von Wolfgang Müller konzipiert und erschien unter dem Namen Die Tödliche Doris, die Box enthält eine CD mit 31 sound recordings of dildos and vibrators, 31 illustrations by Tabea Blumenschein, 31 reviews by Katrin Kämpf und einem Infotext von Wolfgang Müller. Die Dildos und Vibratoren hören auf Namen wie Vibrating Bullet, Better Than Chocolate, Magic Massager, Rub My Duckie oder Womanizer 2 Go. Nein, das Major Label ist kein Major Label, sondern es heißt einfach so und ist in Jena, Deutschland zuhause. Es startete Ende der 70er Jahre mit Alben wie "Warning Sign Ahead Of Time" von der Band State Of Emergency oder "The Long March" von Serene Fall. So, ich muss jetzt Schluss machen und unser Glücksschweinmuseum aufsperren gehen. Viel Freude mit der Tödlichen Doris, yeah!

07.09.2020