Zarah Leander: "Nur nicht aus Liebe weinen" (1939)


Es ist ja ganz gleich, wen wir lieben / Und wer uns das Herz einmal bricht / Wir werden vom Schicksal getrieben / Und das Ende ist immer Verzicht / Wir glauben und hoffen und denken, / daß einmal ein Wunder geschieht. / Doch wenn wir uns dann verschenken / Ist es das alte Lied / Nur nicht aus Liebe weinen / Es gibt auf Erden nicht nur den Einen / Es gibt so viele auf dieser Welt / Ich liebe jeden der mir gefällt. Der Song stammt aus dem Film "Es war eine rauschende Ballnacht" 1939, Regie Carl Froehlich, irgendwie gehts darin um das Leben von Peter Iljitsch Tschaikowsky, aber eben eher irgendwie. Also der Film ist genau genommen Müll. In den Hauptrollen sind Zarah Leander als Katharina Alexandrowna Murakina und Marika Rökk als Nastassja Petrowna Jarowa zu sehen, die beide in Tschaikowsky verliebt sind. Vergessen wir den Film. Die Musik stammt von Theo Mackeben, der einige Operetten und eine Menge Musik für Filme schrieb, der bekannteste davon ist wahrscheinlich "Bel Ami" 1939 mit Willi Forst und Olga Tschechowa in den Hauptrollen und, no no no, der ist auch nicht wirklich gut, yeah, und die Lyrics sind von Hans Fritz Beckmann, der unzählige Texte für Filmlieder schrieb und auch mehrere Drehbücher verfasste, auch das für "Bel Ami", ja, und das für "Lass die Sonne wieder scheinen" 1955 mit Cornelia Froboess: Lieber Gott, lass die Sonne wieder scheinen / für Papa, für Mama und für mich. / Alle Leute, die Großen und die Kleinen, / haben Sehnsucht nach Sonne wie ich. Okay, der Text macht durchaus Spaß, nein, nicht für Papa für Mama, sondern vom Schicksal getrieben. Das wirklich Tolle ist aber Zarah Leanders Stimme und ihre Art manche Silben zu dehnen oder die R’s zu rollen. Klar, es ist Schlagermusik und nicht Pop, oh no, Popmusik ist mehr, sagt Diedrich Diederichsen, aber nicht im Sinne eines Schwamms, der alles in sich einsaugt, sondern in dem Sinne, dass alle Teile für sich genommen unvollständig sind, jedenfalls auf Dauer gesehen. Popmusik führt die Möglichkeit der Nonkonformität in eine Kultur ein, deren Grundlage und deren Darstellungsmittel auf Konformität und Zustimmung angelegt sind. Ich lese gerne Bücher von Diedrich Diederichsen, ja, und ich freue und ärgere mich gerne über Bücher von Diedrich Diederichsen. Okay, okay. Zarah Leander wurde 1907 als Sara Stina Hedberg in Karlstad, Schweden geboren und wuchs mit deutschem Kindermädchen und deutschem Klavierlehrer auf. Später lernte sie dann auch Violine zu spielen. Zarah Leander wurde 1929 vom schwedischen Revuekönig Ernst Rolf wegen ihrer prägnanten Altstimme entdeckt und wirkte bis 1935 in zahlreichen Revuen mit, spielte in drei schwedischen Spielfilmen und nahm für die Plattenfirma Odeon zahlreiche Lieder auf. Der Name Leander stammt von ihrem Ehemann Nils Leander, einem schwedischen Schauspieler, mit dem sie 6 Jahre verheiratet war. Durch den Sänger und Schauspieler Max Hansen kam Zarah Leander nach Wien, wo sie mit der Operette "Axel an der Himmeltür" 1936 im Theater an der Wien großen Erfolg hatte. Zarah Leander bekam einen Vertrag von der deutschen UFA, Universum Film AG, und drehte und sang äußerst erfolgreich bis 1942, ja, Zarah Leander war der höchstbezahlte weibliche Filmstar in der Zeit des Nationalsozialismus. Doch die "Ehre" zur Staatsschauspielerin ernannt zu werden, lehnte Zarah Leander ab und verließ 1942 Deutschland und kehrte nach Schweden zurück. Im Jahre 1950 begann Zarah Leander nach 7jähriger Pause wieder zu drehen, unter der Regie von Geza von Cziffra entstand "Gabriela" und war ein großer Erfolg an der Kinokasse. Zwischen ihrer Filmarbeit trat sie auch mehrmals in Wien am Raimundtheater auf, 1960 in der Operette "Eine Frau, die weiß, was sie will" unter der Regie von Karl Farkas. Ja, der Karl Farkas, der mit seinen Doppelconferencen mit Ernst Waldbrunn österreichische Kabarettgeschichte schrieb. Ich bin kein Kabarettliebhaber, aber die "Bilanz der Saison" von und mit Karl Farkas ist sogar für mich eine wertvolle Fernseherinnerung. Okay, Zarah Leander blieb beliebt, bis sie 1979 ihren Abschied von der Bühne bekannt gab. Sie starb 1981 in Stockholm, Schweden an einer Gehirnblutung. Ihr letzter Film war "Das gewisse Etwas der Frauen" 1966, ein Film zum Abgewöhnen. Trotzalledem sollte eine CD wie "Die Großen Erfolge" 2003 beim Label Documents, oder etwas ähnliches, in keiner Sammlung fehlen. Ja, davon geht die Welt nicht unter.