ein sonntag oder: wie soll die woche beginnen? 2008, 60 Seiten, Euro 11,- 978-3-900956-88-2 |
klappentext
eins |
Gerhard Jaschke (Bild) |
Mein
Mittwoch (Textauszug)
Ich wurde als Tochter geboren. Mittwoch. Dreizehn Uhr. Beherzt streckte ich mein Köpfchen hinaus in die Welt, noch im Zweifel aber schnell. Nur aus Erzählungen kenne ich den Schrei. Dann nahm die dreizehnte Fee die Spindel und pflanzte eine Rose, aus der später mein Großvater wurde, mit Wangenrot und Seemannsgarn. Ich war Mittwochsbraten, arrangiert auf einer Decke in Begleitung von zwanzig Fingern, das Kindchen, das einen Namen braucht, an dem wir es festhalten können. Der Mittwoch geht vorbei und kommt doch immer wieder, jedesmal in neuem Gewand, ich bin kein Eichkätzchen, die Erinnerung steht unter Denkmalschutz, Feuersalamander, bedrohte Tierart, kühle Haut. Dreiäuglein zwinkert immer wach im Wachslicht, lass dein Haar herunter, zwei Paar Brillen, später drei, dann wieder zwei, dann nur mehr eine, ich trage Kontaktlinsen, bald. Meine Mutter
war Zirkusakrobatin, und berühmt für ihre halsbrecherischen
Kunststücke. Falsch. Mein Vater war Dressurreiter. Falsch. Meine
Eltern lernten sich an einem Mittwoch kennen. Richtig. Nach meiner Geburt
gaben meine Eltern das Zirkusleben auf und wurden Turnlehrer und Turnlehrerin.
Falsch. Ich wurde mit Brille geboren. Falsch. Ich wurde als Enkelin
eines Donaudampfschifffahrtskapitäns geboren. Richtig. Mit vier
Jahren lernte ich schwimmen. Richtig. Mein Großvater nannte mich
bleierne Ente. Richtig. Meine Nase neigt sich nach links, weil links
von mir die Sonne aufging. Durch das Fenster kitzelte sie mein linkes
Nasenloch, das sich daraufhin vergrößerte. Durch meine Nase
wollte ich die Sonne in mein Herz locken. An einem Mittwoch im Dezember
brach ich im Eis der Alten Donau ein. So war es. Ich lache und werde
mein eigener Denkmalschutz. Mittwochsbraten, kichert die Hexe in ihrem
Ofen, wir sehen die Warzen, es sind drei, später zwei, bald. |