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heute, 11.11.2022, ist ein glotztag. ich sitze da und glotze den bildschirm meines computers an. von zeit zu zeit füge ich meinem alterswerk eine zeile bei. oder heißt das an?
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zufügen geht nicht. ich füge meinem alterswerk nichts zu. hinzufügen wäre aber durchaus möglich. hmm. ich denke, am besten trifft es anfügen.
von zeit zu zeit füge ich meinem alterswerk eine zeile an.
melancholie ist es nicht, nein, als melancholie würde ich es nicht bezeichnen, mein dasitzen und glotzen. depression ist es auch nicht. nein. es geht mir gut. es ist einfach eine art NICHTS, die mich von zeit zu zeit überfällt. NICHTS. es gibt nicht viel darüber zu sagen. NICHTS eben.
die zeit scheint schneller zu vergehen, während ich dasitze und glotze. ja, glotztage gehen schnell vorbei. ich überlege, ob ich eine cd einlegen soll. musik. welche musik würde für diese art NICHTS passen? ich denke nach.
nachdenken kann sich selbst zum arschloch machen.
das ist der titel eines musikstücks der band das fröhliche wohnzimmer aus dem jahr 1998.
das hör ich mir aber jetzt nicht an, nein, wohnzimmermusik ist nichts für mein NICHTS. was rede ich da, das NICHTS gehört nicht mir. es ist nicht mein NICHTS, sondern einfach ein NICHTS. ich muss mich entscheiden.
und wieder ist ein stunde um.
es geht mir gut.
es ist NICHTS und NICHTS passiert. NICHTS tut nicht weh. ist es unbehaglich? nicht wirklich. aber irgendwie doch. ich werde mir einen kaffee zubereiten. und nachdenken. kaffee tut mir gut. musik auch. denken kann ich, ja, denken kann ich. denken geht immer. irgendwie halt. ich könnte mir den song "red flag" von xelle anhören. xelle ist eine drag queen. ich mag drag queens. "red flag" ist ein toller song. gotta stand up for my brothers and my sisters. um mir einen kaffee zu machen, muss ich mich in die küche begeben. dagegen spricht eigentlich nichts. NICHTS. ich kann denken. ich kann gehen denken. ich kann steh auf fritz und geh denken. es geht mir gut. ich kann gut gehen. ich muss mich entscheiden. ilse ist im theater. "mein kampf" von tabori. ich könnte mir den song "dracula" von sharon needles anhören. ebenfalls eine drag queen. you are my drac-u-la lalala la. ilse ist keine drag queen. nachdem bei ilse nach ihrer zweiten brustkrebserkrankung ihr busen entfernt wurde, mastektomie, haben wir darüber gescherzt, ob sie sich daraus nicht einen pimmel formen lassen sollte. das lachen fiel uns damals schwer, aber wir haben es immer wieder mal versucht. ohne lachen wird auch nichts besser. NICHTS.
und wieder ist ein stunde um.
ich stehe und glotze. ich gehe und glotze. der bildschirm entfernt sich von mir. die küche ist nicht weit. der kaffee rückt näher. eigentlich mag ich bewegung.
jetzt sitze ich wieder da und glotze auf den bildschirm des computers. meines computers. bald wird ilse heimkommen. ich werde ihr nichts über NICHTS erzählen. es könnte sie beunruhigen. ich brauche keine hilfe. das NICHTS ist ein*e freund*in von mir.
es geht mir gut.
ich werde mir jetzt den song "drifting time misplaced" von the caretaker anhören. the caretaker ist james kirby. er ist keine drag queen. nobody is perfect.
als junger fritz liebte ich die drag queen divine. der erste film mit divine, den ich sah, war "pink flamingos" von john waters. ich war sofort hingerissen. später sah ich noch die filme "multiple maniacs", "female trouble", "polyester" und "hairspray". zum ersten mal singen hörte ich divine im film "female trouble", da singt sie den titelsong. i got lots of problems / female trouble / maybe i'm twisted / female trouble / oink! oink! oink! oink! das war 1974. ihre erste single erschien dann 1981, "born to be cheap". besonders liebe ich die single "i'm so beautiful" von divine.
divine starb 1988 im alter von 42 jahren.
heute liebe ich die drag queen eureka o'hara sehr, hört euch von ihr den song "the big girl" an, er ist leicht im www zu finden. es gibt auch ein tolles video dazu. yeah.
oh, ilse kommt heim.
ich sage dem alterswerk goodbye.
ich sage dem NICHTS goodbye.
es geht mir gut.
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i'm so beautiful / you gotta believe it, i am beautiful / i'm so beautiful / can't you see? / look at me! / i said / i'm so beautiful / well, everybody's welcome to his point of view / we're all beautiful / can't you see?
ilse hat mir ein bier mitgebracht.
es geht mit GUT!
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alles was ich jetzt noch so schreibe wird auch teil meines alterswerks sein. ALLES. ich wurde von der kollegin irene wondratsch zu einer veranstaltung zum thema "wald" eingeladen. april oder mai 2023. es ist noch zeit, aber ich werde langsam beginnen, über "wald" nachzudenken. der text soll nicht länger als 12 minuten sein. ich werde ihn 12 minuten wald nennen. ich gehe öfters mit ilse im wald spazieren. über den wald gedichtet habe ich aber noch nie. mein text wird ein gedicht werden. eigentlich sind alle meine texte gedichte, auch die, die die form von prosa haben.
3 mal die hintereinander in einem satz, yeah, ich finde das wunderschön: die, die die.
close12 minuten wald
closees gibt ein volkslied
closees gibt viele volkslieder
closealte und weniger alte
closegute und weniger gute
closeaber nur eines mit dem titel
close"im wald, da sind die räuber"
closekeine angst
closekeine angst
closeich werde das jetzt nicht singen
closeder text ist feindlich
closehalli hallo frauenfeindlich
closeaußerdem sind die räuber
closelängst nicht mehr im wald
closehöchstens beim spazierengehen
closehalli hallo sonntagsspazier
closedie gattin bei mir
closedie kinder vor mir
closedas ist von kreisler
closehalli hallo und gut
closeaber ich sing heut nicht
closekeine angst
closekeine angst
closeich bin dichter
closeund mein thema ist der wald
closehalli hallo der wald
closeist ein auschnitt der erdoberfläche
closeder von bäumen dominiert wird
okay, ich hör für heute auf mit dem dichten, ilse und ich treffen heute um 19 uhr einen mann in der oase am brunnenmarkt, den wir nicht kennen, der aber uns kennt, zumindest unsere literatur. er heißt simon und ist zu besuch bei bekannten in wien. die wir aber auch nicht kennen.
und bei wald, fällt mir immer sofort der song "party in the woods tonight" 1979 von jonathan richman and the modern lovers ein. den müßt ihr euch unbedingt anhören. jonathan richman ist toll, er hatte in den 70er jahren 2 kleine hits mit den songs "roadrunner" und "egyptian reggae", ist aber noch immer in der popwelt unterwegs. bei blue arrow records hat er 2021 das album "want to visit my inner house?" veröffentlicht. seine stimme ist älter geworden, die musik rumpelt noch immer wunderschön dahin. rock'n'roll, yeah.
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heute, 14.11.2022, gehe ich nicht in den wald, sondern in die bücherei. bücher zurückgeben, bücher ausleihen.
übermorgen fahren ilse und ich für ein paar tage nach venedig. es gibt einen direkten nachtzug von wien nach venedig, das ist sehr angenehm. wir hatten eine menge gutscheine von der öbb, die wir als entschädigung für zugverspätungen bekommen haben. für verspätungen über eine stunde. ilse fährt gerne ans meer. venedig ist nett. also was solls.
ein paar tage venedig sind gut auszuhalten.
der mann namens simon war nett, er ist germanist, arbeitet und lebt in berlin, kommt aber ursprünglich aus bayern, was man seiner rede durchaus anhört. er ist zufällig auf unsere bücher gestossen, "warum starb der schöne mann?" und "oskars moral", und wollte uns kennenlernen. wir waren in der oase am brunnenmarkt essen und trinken und plaudern. wir haben über literatur gesprochen, aber nicht nur. ich habe 3 große und 1 kleines bier getrunken und 1 mit gemüse gefülltes warmes brotschiffchen namens pide gegessen. es hat mir gut geschmeckt, die pide und auch das bier.
prost!
es ist 10 uhr 25, ich werde mich jetzt langsam auf den weg in die bücherei machen, sie sperrt um 11 uhr auf. ich gehe zu fuß in die bücherei, da kann ich mir gleich ein bisschen die beine vertreten, das ist gut für alte deppen wie mich.
ich gehe gerne zu fuß durch die stadt.
ich gehe gerne in die städtische bücherei.
büchereien sind eine tolle einrichtung.
ich habe 5 jahre bei der städtischen bücherei gearbeitet, ist aber schon lange her. ich gehe in die hauptbücherei am urban-loritz-platz, gearbeitet habe ich in der zweigstelle rosa-luxemburg-gasse.
so, es ist soweit, tschau alterswerk.
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der musiker herbert lacina hat unlängst zu mir gesagt, ich sei einer dieser zeitlosen typen. ich habe gelächelt. er auch. dann hat er noch hinzugefügt, besonders dann, wenn ich frisch rasiert bin. das bin ich nicht immer, oft bin ich einfach zu faul zum rasieren, obwohl ich weiß, dass mich die weißen bartstoppeln im gesicht, älter aussehen lassen. was solls, ich bin auf jeden fall schön genug für diese welt.
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ilse natürlich auch. wir sind eben seit nun fast 40 jahren ein schönes paar.
closeich bin der lärm, von nah und fern
closeoh mensch, es gibt schlimmeres
closeich rege mich ein bisschen ab
closeund strecke mich ins eigne glied
closesprüche liegen mir auf der zunge
closeauf den lippen ist aller liebe anfang
closeich bin das feuerwerk im regen
closeder mann im schwarzen spitzenkleid
closeein turm hat treppen, ich habe durst
closeder trockene mund hat eine trompete
closees gibt kein gewässer, nur frösche
closeder walfisch mit fontäne liegt auf grund
closeauf den lippen glattes eis, ein paradeis
closerund um die uhr des daseins, ich bin
closebillig, manchmal sogar klug, ein krug
ich bin heute auf merkwürdige art müde. nicht so sehr der kopf, sondern mehr vom hals abwärts bis zu den knieen. es wäre manchmal ganz nett fliegen zu können.
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dieses foto habe ich mit ilses smartphone gemacht. ich finde libellen wunderschön. so, vor dem zubettegehn höre ich mir jetzt noch den song "drinkin' my life away" von hasil adkins an. the one man band hasil adkins and his happy guitar, wie auf dem cover seines albums "look at that caveman go!!" zu lesen steht. weihnachten rückt auch näher, da kann ich mir dann "blue christmas" von hasil adkins anhören.
peanut butter rock and roll, yeah.
ich freue mich auf weihnachten.
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die rucksäcke für venedig sind gepackt. aber nicht nur ilse und ich gehen auf reisen, sondern auch 2 unserer 4 computer. sie werden morgen vormittag vom netten menschen von der computerambulanz abgeholt und generalüberholt. ich weiß nicht genau, was mich mehr nervös macht, unsere reise oder die reise unserer computer.
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wir sind zurück. 21.11.2022. unsere computer ebenfalls. es läuft wieder alles. computertechnisch, meine ich.
na ja, die datenrettung steht noch auf dem programm. der uraltcomputer ist endgültig hinüber. immerhin hat er lange 18 jahre super arbeit geleistet. ich mag computer, die mit mir alt werden, die mir ans herz wachsen und denen ich ans herz wachse.
venedig war nett. das wetter war schön. der lido war leer. im sommer ist der lido ungenießbar. ilse und ich sind bis zum leuchtturm gewandert.
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ilse hat 2 krokodile und 1 ente aus muranoglas gekauft. 1 buch haben wir auch gekauft, 1 buch ohne worte, 1 bilderbuch. "zoo" von theo kishi.
theo kishi è nato a venezia nel 2005. questi disegni li ha realizzati tra i 4 e i 6 anni.
theo kishi was born in venice in 2005. he made these drawings when he was 4 to 6 years old.
im "zoo" sind auch 7 krokodile zu bewundern.
nein, wir sammeln jetzt nicht krokodile und wir eröffnen auch kein glückskrokodilemuseum. coccodrillo heißt das krokodil auf italienisch. ich habe in venedig auch einige totenkopfmasken für meine fotoserie "o death" geknipst.
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ich habe mir überlegt einen totenkopf aus messing für meinen schreibtisch zu kaufen, habe es dann aber bleiben lassen. ich will schon lange einen totenkopf für meinen schreibtisch, konnte mich aber bisher noch für keinen entscheiden. wird schon, sagt der dichter widhalm fritz. auch für meine serie "ilse schau, kunscht" habe ich einige motive in venedig entdeckt.
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okay, venedig war nett, das wetter schön, der lido leer. der dichter widhalm fritz sagt: wieder etwas erledigt.
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dienstag, 22.11.2022, waren ilse und ich zu gast in der sendung "connex" bei radio orange. die sendung wird von michael fischer gestaltet. wir haben live zu improviserter musik texte gelesen. michael fischer improvisiert nicht mit instrumenten, sondern mit sogenannten tonkonserven. er mischt live im studio musiken von der konserve, zu einem neuen musikstück. wir lauschen aufmerksam und streuen unsere texte ins musikalische geschehen. die stunde ist schnell um und dann gehen ilse und ich auf ein bier. michael fischer würde gerne auch ein oder zwei biere trinken, aber er muss noch seinen computer aus der reparatur abholen. ja, computer machen das leben nicht unbedingt leichter.
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