Current 93: "Dögun" (1988)


Take the torch to daddy's house / Take the flame to daddy's house / Take the fires to daddy's house / Take the torch to daddy's house / Blood of my blood, dust to my dust / Blood to my blood, dust to my dust / Blood to my blood, dust to my dust / Blood to my blood, dust to my dust / Take the flames to daddy's house / Take the fires to daddy's house / Build the pyres higher and higher. Current 93 ist eigentlich keine Band, sondern ein musikalisches Projekt von David Tibet alias David Michael Bunting, das seit 1982 besteht. Die anderen Musiker*innen wechseln ständig, meist mit dabei ist Steven Stapleton, der seit 1979 sein eigenes Projekt Nurse With Wound laufen hat. Current 93 ist Experimental Pop, hmm, in den 80er Jahren gings noch mehr Richtung Industrial und Gothic, später dann eher Richtung Neofolk oder Apocalyptic Folk. David Tibet ist Jahrgang 1960 und wurde als englischer Staatsbürger in Batu Gajah, Malaysia geboren. Malaysia war damals britische Kolonie und erlangte 1963 seine Unabhängigkeit. Die erste Veröffentlichung von Current 93 war die Split-Kassette "Mi-Mort" 1983 beim Label Mi Mort, die A-Side ist von Current 93 und die B-Side von Nurse With Wound. Im Jahr 1984 folgte dann das Minialbum "LAShTAL" bei L.A.Y.L.A.H. Antirecords. Unterstützt wurde David Tibet bei "LAShTAL" von John Balance alias Geoffrey Laurence Burton von der Band Coil und Fritz Häaman alias Fritz Catlin von der Band 23 Skidoo. Das Full-Length-Debüt war dann 1984 "Dogs Blood Rising" bei L.A.Y.L.A.H. Antirecords, auf dem David Tibet u.a. von Steven Stapleton, Crystale alias Diana Rogerson, der Frau von Stephen Stapleton, Tathata Wallis, der Tochter von Diana Rogerson aus ihrer ersten Ehe mit dem Künstler Chris Wallis oder Steve Ignorant alias Steve Williams von der Band Crass musikalisch unterstützt wird. David Tibet wirkte auch zeitweise in anderen Projekten und Bands wie Nurse With Wound, Psychic TV oder Death In June mit. Die Band Death In June wurde 1981 von Douglas Pearce (Vocals, Guitar), Tony Wakeford (Vocals, Bass) und Patrick Leagas (Vocals, Drums) gegründet und ist wegen ihres Umgangs mit totalitärer und nationalsozialistischer Ästhetik umstritten. Okay, irgendwie sind Death In June nur mit Vorsicht zu genießen. Douglas Pearce: I've an interest in all aspects of the Third Reich. It has had such a huge influence on the world, who could fail to be intrigued by it? However, I've still read more pages of "Das Kapital" than "Mein Kampf"! Naja, kehren wir zurück zu David Tibet und Current 93. Die meisten Tonträger von Current 93 erschienen beim Label Durtro, das David Tibet 1988 gründete und auf dem auch Alben von Marc Almond, Tiny Tim, Baby Dee, Bill Fay oder Antony & The Johnsons erschienen sind. Auf den Alben von Current 93 findet man auch eine Menge illustrer Gastsänger*innen wie Bonnie 'Prince' Billy alias Will Oldham, Nick Cave, Cosey Fanni Tutti alias Christine Newby, Antony Hegarty, Marc Almond oder Baby Dee und Gastmusiker wie John Zorn oder Edward Ka-Spel alias Edward Francis Sharp von den Legendary Pink Dots. Zuletzt erschien von Current 93 beim Label The Spheres 2020 das Album "If A Star Turns Into Ashes". Der Song "Dögun" stammt vom 1987 bei Maldoror Records erschienenen Album "Christ And The Pale Queens Mighty In Sorrow", bei dem auch Douglas Pearce von Death In June mit dabei ist. In meiner Sammlung befindet er sich auf der 1999 bei Durtro Records erschienenen Compilation "Calling For Vanished Faces" mit Songs aus den Jahren 1984 bis 1996. Außerdem befinden sich in meiner Sammlung noch die 2004 bei Durtro Records erschienene Compilation "SixSixSix: SickSickSick" mit Songs aus den Jahren 1990 bis 1999 und das 1996 bei Durtro Records erschienene Album "All The Little Pretty Horses". David Tibet: Wir waren nie auf der Suche nach einem größeren Label. Als ich nach London kam, plante ich sowieso nicht, eine Band zu gründen, was auch immer geschah, geschah im Namen... wasauchimmer: Gottes, meines Karmas, meines Schicksals, Mr.Bean. Aber ich war immer ehrlich. Es gibt viele Dinge, die ich hätte veröffentlichen können wegen des Geldes, was ich jedoch nie tat, da das nicht auf unserem Niveau gewesen wäre. Über Neofolk könnt ihr im Buch "Looking for Europe - Neofolk und Hintergründe" von Andreas Diesel und Dieter Gerten nachlesen, es ist 2007 im Index Verlag erschienen. Das Buch ist in 3 Abschnitte gegliedert, im ersten werden die Wurzeln bzw. die Enstehung des Neofolks geschildert, der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit den 'wichtigsten' Bands der Szene und der dritte Abschnitt versucht die Rechts-Vorwürfe zu beleuchten. Die ersten beiden Abschnitte sind sehr gut, sehr informativ und ausführlich, beim dritten Abschnitt wird viel Platz darauf verwendet, mögliche Kritikpunkte zu widerlegen, ohne dass wirklich eine Auseinandersetzung mit diesen stattfindet. Schade. Das Buch ist trotzallem lesenswert, obwohl der dritte Abschnitt etwas enttäuscht. Andreas Diestel und Dieter Gerten: Es steht außer Frage, dass die Thematisierung des Nationalsozialismus und der Gebrauch entsprechender Symbolik im Rahmen von musikalischer Verarbeitung legitim ist, sofern die künstlerische Beschäftigung keine Bekehrung des Publikums zu entsprechenden Ideologien anstrebt oder an Gewaltaufrufe geknüpft ist: Beides kann für die in diesem Buch besprochenen Bands ausgeschlossen werden. Hmm, ist irgendwie ein bisserl fadenscheinig, obwohl ich absolut nicht der Meinung bin, dass die Neofolkszene insgesamt rechts steht. Ich habe Neofolk in meiner Popsammlung, auch durchaus zwiespältigen und verdächtigen Neofolk von Bands wie Death In June oder NON. Die sehr hörenswerte 4-CD-Box "Looking For Europe - The Neofolk Compendium", die 2005 beim Label Auerbach Tonträger erschienen ist, befindet sich ebenfalls darunter. Darauf sind auch Songs von Nico alias Christa Päffgen, Scott Walker alias Noel Scott Engel, Paul Roland oder den Strawbs zu finden, also die so genannten Wurzeln des Neofolk. Die Strawbs wurden 1964 von Dave Cousins in London, England gegründet, anfangs nannte sich die Band noch Strawberry Hill Boys. Im Jahr 1973 hatten die Strawbs mit dem Song "Part Of The Union" ihren einzigen Hit, der in der Besetzung Dave Cousins (Guitar, Backing Vocals), Dave Lambert (Guitar, Backing Vocals), John Ford (Vocals, Bass), Blue Weaver (Piano, Harmonium) und Richard Hudson (Drums, Backing Vocals) eingespielt wurde. "Part Of The Union" ist eine Art Gewerkschaftssong. Die Strawbs lösten sich 1980 auf, kehrten aber bereits 1983 in die Popwelt zurück. Zuletzt erschien von ihnen 2021 bei Esoteric Antenna Records das Album "Settlement", Dave Cousins und Dave Lambert sind noch immer mit dabei. In meiner Popsammlung befinden sich von den Strawbs die Alben "Bursting At The Seams" 1973 und "Hero And Heroine" 1974. Dave Cousins: When I was 11 years old, I started piano lessons - encouraged by my mother and my grandmother, who played by ear. My teacher didn't mention examination grades, she encouraged me to learn light classical pieces, ("Barcarolle" from "The Tales of Hoffmann", and the like), which my mother asked me to play to anyone who visited our house. I hated doing it and gave up my piano lessons. (…) My mother liked the Pop songs of the day sung by Rosemary Clooney, Slim Whitman, and Frankie Laine - there was always music on the gramophone. But then I heard Lonnie Donegan singing "Rock Island Line" on the radio, and I was hooked. Mum and Dad bought me a cheap Spanish guitar, and I got a book about Leadbelly (written by John Lomax) out of the library and learned "Down in the Valley". It was the first song I played on guitar. Die Strawbs und ihr Song "Part Of The Union" hätten es durchaus verdient in meiner Sweetheart-Liste Platz zu finden, zu spät, was solls. Hört euch "Dögun" und "Part Of The Union" an und schlaft gut. Schwupps.

08.04.2022