Ornament und Verbrechen: "When I Am I Am Not" (1988)


Ornament & Verbrechen wurde 1983 von den Brüdern Ronald und Robert Lippok in Berlin Ost als offenes Bandprojekt ins Leben gerufen. Ronald Lippok war davor mit der Punkband Rosa Extra in der DDR unterwegs und Robert Lippok mit der Band 5 Wochen im Ballon. Benannt haben sie das Projekt nach dem Aufsatz "Ornament und Verbrechen" 1908 vom Architekten Adolf Loos. Ich habe folgende Erkenntnis gefunden und der Welt geschenkt: Evolution der Kultur ist gleichbedeutend mit dem Entfernen des Ornaments aus dem Gebrauchsgegenstande. Ronald Lippok: Die Percussioninstrumente haben wir uns damals selbst gebaut. Die Freude am Experiment ist nicht nur aus dem Mangel an Material geboren, sondern war auch eine bewusste Entscheidung gegen die bestehende Rockästhetik. Wir waren damals inspiriert von Einstürzende Neubauten, Tödliche Doris, Deutsch Amerikanische Freundschaft, Throbbing Gristle oder Cabaret Voltaire. Über das Treiben der Genialen Dilletanten auf der anderen Seite der Mauer wusste man durchaus Bescheid. Andere Mitwirkende bei Ornament & Verbrechen waren u.a. Bernd Jestram, Bo Kondren, Erik Huhn, Jeremy Clarke oder Sarah Marrs. Auch der Dichter Bert Papenfuß-Gorek war kurze Zeit Mitglied von Ornament & Verbrechen. Im Jahr 1984 erschien beim Label Assorted Nuts die Split-Kassette "Pair", auf der A-Side ist die Band Aufruhr zur Liebe zu hören und auf der B-Side Ornament & Verbrechen. Aufruhr zur Liebe waren Alexander Kriening, Bernd Jestram, Martin Leeder, Norbert Jackschenties und Volker Zimmermann. Im Jahr 1985 erschien beim Westberliner Label Good Noise die Compilation "»Live« In Paradise DDR", auf dem die Bands Happy Straps, Aufruhr zur Liebe, Ornament & Verbrechen und Der Demokratische Konsum zu hören sind. Auf dem Album wurden die Namen der Bands nicht genannt, da man Repressalien von Seiten der DDR-Staatsorgane befürchtete. Die Compilation wurde 1989 von Trash Tape Records wiederveröffentlicht. Erst nach dem Mauerfall erschien bei Hidden Records das Debütalbum "On Eyes" von Ornament & Verbrechen. Weitere Tonträger der Band waren die Maxi-Single "Tunes" 1992, das Album "Super Deluxe Transister Radio" 1994 und die Single "How Many Angels Dance On The Head Of A Pin / Dicker Hals" 1995. Ronald und Robert Lippok gründeten 1995 mit Stefan Schneider die Band To Rococo Rot, die zuletzt 2014 das Album "Instrument" bei City Slang Records veröffentlichte. Der Song "When I Am I Am Not" erschien zum ersten Mal 1988 auf der Split-Kassette "Pulling The Strings Behind The Scenes / Ornament & Verbrechen" und danach 1995 auf der bei ZickZack Records erschienenen Compilation "Spannung. Leistung. Widerstand. Magnetbanduntergrund DDR 1979-1990". Diese Compilation ist dem beim Verbrecher Verlag erschienenen gleichnamigen Buch beigelegt, das von Ronald Galenza und Alexander Pehlemann herausgegeben wurde. Mit einer großen Party wird nun - siebzehn bis siebenundzwanzig Jahre später - das Erscheinen eines Buches samt beiliegender CD begangen, das ein weitgehend unerforschtes Terrain des ostdeutschen Underground vorstellt: die unabhängige Tapekultur in der ehemaligen DDR. "Spannung, Leistung, Widerstand" präsentiert aus Hunderten alter Kassettenaufnahmen ausgewählte Stücke, deren stilistische Bandbreite vom Avant Punk über intellektuell kühle New Wave bis zu elektronischen Experimenten oder Dub reicht. In zahlreichen Texten und Interviews kommen die Akteure einer Wohnzimmer-Avantgarde zu Wort, die junge Punks, bildende Künstler und Lyriker vom Prenzlauer Berg umfasste. Weitere hörenswerte Zusammenstellungen mit DDR-Pop sind die Sampler "Aufbruch Umbruch Abbruch (Die letzten Jahre)" 1992 und "Ende vom Lied - East German Underground Sound 1979-1990" 2016 sowie die DVD "Ostpunk! Too Much Future" 2006. Sehr empfehlenswert zum Thema Ostpop ist auch das von Alexander Pehlemann herausgegebene Magazin für Kulturelle Randstandsblicke & Involvierungsmomente "Zonic". So, und jetzt hören wir uns noch gemeinsam den Song "Save Me" 1966 von der 60ies-Beatband Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich bei youtube an. Das waren Dave Dee alias David Harman (Vocals), Dozy alias Trevor Davies (Bass), Beaky alias John Dymond (Guitar), Mick alias Mick Wilson (Drums) und Tich alias Ian Amey (Guitar). Die Band hatte von 1966 bis 1968 mit Songs wie "Hold Tight!", "Hideaway", "Bend It!", "Save Me", "Okay!", "Zabadak!", "The Legend Of Xanadu" und "Last Night In Soho" mehrere Hits. Nein, wirklich aufregend war die Musik von Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich nicht, aber den Song "Save Me" finde ich toll. Okay, heute ist ein schöner Frühlingstag und ich werde auch immer schöner. Yeah!

20.04.2022