Ursula Bogner: "Begleitung für Tuba" (1982)


"Begleitung für Tuba" ist vielleicht ein komischer Titel für einen Popsong, aber er beschreibt die Musik wirklich sehr gut. Ich liebte den Klang der Tuba bereits als Kind, mit und ohne Begleitung. Im Jahr 2008 erschien bei Jan Jelineks Label Faitiche Records das Album "Recordings 1969-1988" von Ursula Bogner. Laut Auskunft des Labels wurde Ursula Bogner 1946 in Dortmund geboren, zog mit 19 Jahren nach West-Berlin, wo sie Pharmazie studierte und danach bei der Schering AG, eines der Vorgängerunternehmen der Bayer Pharma AG, arbeitete. Privat beschäftigte sich Ursula Bogner mit Musique concrète und elektronischer Musik und besuchte Seminare bei Herbert Eimert, dem Leiter des Studios für elektronische Musik in Köln. Ende der 60er Jahre begann Ursula Bogner eigene Musik auf Tonband aufzunehmen. Neben der Musik beschäftigte sich Ursula Bogner auch mit Malerei und experimentierte mit der Linolschnitt-Technik. In späteren Jahren interessierte sie sich vermehrt für Wilhelm Reich und die kosmische Orgonenergie. Ursula Bognar verstarb 1994 im Alter von 48 Jahren in Berlin. Einige Musikkritiker*innen behaupteten damals, dass Ursula Bogner eine Erfindung von Jan Jelinek ist und ihm als Pseudonym für einige seiner Arbeiten diente. Jan Jelinek wiederum erzählte, dass er während eines Fluges nach Vilnius zufällig Ursula Bogners Sohn Sebastian kennengelernt und so das Werk dessen Mutter kennengelernt hat. Bei Faitiche Records erschien 2011 von Ursula Bogner noch das Album "Sonne = Blackbox" mit Aufnahmen aus den Jahren 1970 bis 1985. Dazwischen erschien 2010 beim Maas Media Verlag die EP "Pluto hat einen Mond" aus dem Nachlass von Ursula Bogner. Jan Jelinek schreibt über die Arbeit am ersten Album: Ursula Bogner begann in den späten 60er Jahren ihre Musik auf Tonbändern aufzuzeichnen. Vereinzelt lagen nur die einzelnen Spuren der auf einem 4-Spurrecorder aufgenommenen Stücke vor, so dass ich im Nachhinein die jeweiligen Bänder erneut zusammenmischen musste. Leider konnte sie mir bei dieser Arbeit nicht mehr zur Seite stehen, da Ursula Bogner bereits 1994 in Berlin verstorben war. Beruft man sich auf die Authentizität des Originals ist das vielleicht unsensibel, aber auf anderem Wege war es nicht möglich, die Stücke in ihrer Ganzheit zu hören. Letztendlich befinden sich nur drei dieser 'Bearbeitungen' auf der CD. Alle anderen Titel entsprechen den Originalbändern. Ihre Entstehungsjahre liegen eng beieinander, und auch inhaltlich kann man, so hoffe ich, eine Kohärenz erkennen. Eine Kohärenz, die eine zugängliche, rhythmische, streckenweise 'poppige' Facette widerspiegelt. Und natürlich hat bei der Auswahl auch meine persönliche Vorliebe mit entschieden. Müsste ich mit dem Finger auf meine Favoriten deuten, wären es gewiss die auf der CD versammelten Stücke; jedes Mal erneut erliege ich fast kichernd der Nonchalance, die in diesen Titeln mitschwingt. Viele Stunden Musik bleiben so unentdeckt, aber eine weitere Zusammenstellung ist bereits in Arbeit. Frank Sawatzki vom Deutschlandfunk schrieb: Ob Aufnahmen wie die von Bogner vor 30 oder 40 Jahren entstanden sind oder erst jüngst im Labor eines tüchtigen Elektronik-Frankensteins geboren wurden, spielt vielleicht gar nicht mehr die entscheidende Rolle. Jetzt, wo Ursula Bogner als Künstlerin oder als Kunstkonzept einmal unter uns ist, entwickelt sie ihr Eigenleben - mit einer Biografie, die munter zwischen deutschem Biedersinn und obskuren Einflüssen pendelt. Hausfrau, Mutter, studierte Pharmazeutin in Diensten eines Chemiekonzerns, sie interessiert sich für Wilhelm Reichs Orgonomie und produziert mit Synthesizer, Ringmodulatoren und verfremdeten Stimmen erstaunliche elektronische Kunstwerke. So eine Heroine hatte der deutschen Popkultur noch gefehlt, eine posthum entdeckte Urmutter der Elektronik, locker platziert zwischen Oskar Sala, Erfinder des Trautoniums und dem ersten großen Auftritt von Kraftwerk. Ursula Bogner ist auf jedem Fall ein schönes Stück Musik, yeah, und ich glaube der Information auf dem Album "Recordings 1969-1988", dass der Song "Begleitung für Tuba" aus dem Jahr 1982 stammt. Was solls, Bogner hören. Bei der Tuba, handelt es sich höchstwahrscheinlich um keine Tuba, aber was solls, es klint nach Tuba-ba-ba-ba. Super! Ursula Bogner sollte in keiner Popsammlung fehlen.

15.02.2021