Audience: "I Put A Spell On You" (1971)


Eine tolle Neuinterpretation des alten Songs "I Put A Spell On You" von Screamin’ Jay Hawkins. Irgendwie klingt es wie wenn sich ein etwas abartiger Schreihals in ein altes englisches Herrenhaus verirrt hat, haha. Spannend! Audience ging 1969 in London aus der Band The ‘Lloyd Alexander Real Estate’ hervor, die 1967 bei President Records die Single "Gonna Live Again / Watcha’ Gonna Do (When Our Baby Leaves You)" veröffentlicht hatte. Die Besetzung von Audience bestand aus Howard Werth (Vocals, Guitar), Keith Gemmell (Saxophone, Flute, Clarinet), Trevor Williams (Bass, Vocals) und Tony Connor (Drums, Vocals), alle außer Tony Connor waren davor bei The ‘Lloyd Alexander Real Estate’ aktiv gewesen. Audience wurde von Polydor Records unter Vertrag genommen und 1969 erschien das Debütalbum "Audience". Als Single wollte die Band den Song "Too Late I’m Gone" veröffentlichen, doch Polydor Records war nicht damit einverstanden und man trennte sich im Streit. Im Jahr 1970 unterschrieb Audience bei Charisma Records und versuchte es mit dem Album "Friend’s Friend’s Friend" ein zweites Mal, doch auch dieses Album blieb ohne große Ressonanz. Erst mit dem dritten Album "The House On The Hill" 1971 und der Single "Indian Summer / It Brings A Tear / Priestess" gelang der Band doch ein kleiner Achtungserfolg. Beim Instrumental "Raviole" wurde Audience von den Streicher*innen des London Symphony Orchesters unterstützt. Nach einer wenig erfolgreichen USA-Tournee, die Audience gemeinsam mit den Bands The Faces und Cactus bestritt, verließ Keith Gemmell Audience und schloß sich den Psychedelic Folkrockern Stackridge an, mit denen er Mitte der 70er Jahre die Alben "Extravaganza", "Pinafore Days" und "Mr. Mick" veröffentlichte. Ab 1983 war er dann Mitglied beim Pasadena Roof Orchestra. Die anderen Musiker stellten für Charisma Records das vertraglich fixierte Audience-Album "Lunch" 1972 fertig und lösten sich danach auf. Howard Werth hatte 1975 mit dem Song "Lucina" einen kleinen Solo-Hit in Großbritannien, Trevor Williams nahm nach Audience noch ein Album mit der kurzlebigen Band Jonathan Kelly's Outside auf und Tony Connor hatte mit der Band Hot Chocolate Erfolg. Ja, Audience waren zwar eine tolle, aber leider eine ziemlich erfolglose Band. Schade, schade. Der Song "I Put A Spell On You" ist auf der 1992 bei Virgin Records erschienenen CompilationCD "Audience Unchained" zu finden, die Anschaffung zahlt sich echt aus. Vom Pasadena Roof Orchestra habe ich die 1977 bei Transatlantic Records erschienene Single "Honey Pie / I’m On The Crest Of A Wave" in meiner Sammlung, die ist auf eine sehr kluge Art sehr witzig. Keith Gemmell war da noch nicht beim Orchestra, das 1977 aus den Musikern John 'Pazz' Parry (Vocals), Andrew Pummel (Alto Saxophone, Baritone Saxophone, Clarinet, Penny Whistle), Mac White (Alto Saxophone, Clarinet), Frank White (Tenor Saxophone, Clarinet), Clive Baker (Trumpet), John Malam (Trumpet), Bob Renvoize (Trombone), Peter Durrent (Piano), John Barron (Guitar, Banjo), John Arthy (Bass, Sousaphone), Derek Jones (Drums) und Barry Williams (Violin) bestand. Das Orchestra spielte Jazz im Stile der 20er, 30er Jahre und die beiden Songs auf der Single machen verdammt viel Freude, glaubt mir. Das Pasadena Roof Orchestra ist auch in den Filmen "Schöner Gigolo, armer Gigolo" 1978 mit David Bowie und "Comedian Harmonists" 1997 zu hören. So, und jetzt noch ein Schlusswort vom französischen Philosophen Bernard Stiegler: Stellen Sie sich vor, ich hätte ein unendliches Gedächtnis. (…) Das heißt, dass ich jede Sekunde und jede Millisekunde exakt gleich wahrnehme. Es gibt keinen Unterschied mehr, weil es keine Auswahl mehr gibt: keine Zeit ist vergangen. Weder ist etwas passiert, noch kann mir etwas passieren (…), dass Zeit vergeht, ist unmöglich. Die Zeit hat aufgehört zu existieren.