Kapitel 17: Das Gedicht ist meist gut durchwärmt |
So stempelte ich im Band "Ach die Sprache" (edition zzoo, Wien 2006). Die Stempelbuchstaben stammen übrigens aus Ungarn, haben handgeschnitzte Holzsockel und machen das Stempeln zu einem Vergnügen für die Hand. Ich stempelte also ein Gedicht über das Gedicht. Das Gedicht ist meist gut
durchwärmt, Heute las ich im Buch von Swantje Lichtenstein mit
dem schönen Titel Ich finde alle Thesen zum Gedicht absonderlich und
süß wie das Gedicht selbst. Genau genommen sind die sechs
Thesen zum Gedicht selbst ein Gedicht. Ich denke gerade daran, die Liste der Thesen zu erweitern. Aber ich machs nicht. Andererseits hab ichs schon gemacht: Das Gedicht ist meist gut durchwärmt! Meist. Immer aber nicht. Heute ist es im Fröhlichen Wohnzimmer recht
kühl. Hm, eigentlich sollten wir die Heizung größer
drehen, sagte ich. Ein gut durchwärmtes Gedicht könnte uns
aber auch ordentlich einheizen, sage ich. Ich brauche eine mentale Turnhalle. Und am 15. 8. 1976 schreibt Susan Sontag: Veränderungen im Körper, Veränderungen im Zeitgefühl. Was heißt es, wenn die Zeit schneller vergeht, wenn sie langsamer zu vergehen scheint? An dieser Stelle erinnere ich mich an mein Gedicht: In der Höhe vergeht die
Zeit langsam. (Ich habe darüber gelesen, dass Uhren in großer Höhe etwas langsamer gehen. Oder in Flugzeugen. Ich glaube, dass dies sogar stimmen könnte. Zeit ist ja nicht so absolut, wie sie manchmal scheint). |