Kapitel 44: Es ist Oktober, wie jedes Jahr, wenn Oktober ist |
Jetzt ist die Zeit, in der die Tage
eindeutig kürzer werden. Falsch: Es sind nicht die Tage, die kürzer
werden, die Sonnenstunden werden weniger, es verkürzt sich der
helle Anteil des Tages. Zeigt die Zusammenhänge: Hm. Schaustein oder aber einziges
Auge. Ja, die Jahreszeiten sind mehr als Jahreszeiten,
der Mond ist mehr als der Mond. Es geht um Befindlichkeiten, um unsere
Wahrnehmung, um die Bitterkeit, die "die tage verläutet"
(oder eben nicht), aber auch um das einfache Hiersein, in der Winterstimmung,
Hiersein, ohne zu verdorren. Sollen wir denn wirklich davon ausgehen, dass das schwindende Licht, die kühlere Luft, die kahlwerdenden Bäume etwas bewirken, unser Befinden usw. verändern? Als ich jünger war, sträubte ich mich. Wir bleiben doch wir selbst, immer, innen, ganz innen und das Wetter, die Jahreszeiten sind so weit außen, zugleich so unabänderlich. Sollen wir ihren Einfluss nicht einfach leugnen? Ist es nicht wichtiger, die gesellschaftliche Kälte zu erkennen, die uns in die Knochen kriecht? Nun ja, es schließt sich nicht aus, das eine, das andere, wir bleiben wir, wenn es möglich ist, bleiben wir noch ein bisschen wir. In das Oktoberkapitel, das schon in den November hineinreicht, passt ein Oktobergedicht von Bess Dreyer. Es ist bisher unveröffentlicht. oktober Übrigens: Zwetschken hingen im Garten meiner Großeltern wie blauer Zierrat am Baum. Dass man etwas so Blaues essen kann, konnte ich gar nicht glauben. Noch heute wird mir beim Wort Zwetschke warm ums Herz. Oh, lasst uns auf einen Zwetschkenherbst hoffen, der sich wiederholt. Ich schließe mit einem kleinen Haiku von mir. Es ist enthalten im Buch "Eine andere Welt ist möglich", das Fritz Widhalm im Jahr 2016 zusammengestellt hat und das sich jetzt, Ende Oktober, auf dem Weg in die Druckerei befindet. Eine andere Welt
ist möglich |