Kapitel 54: Vom Erschrecken der Seele |
Ich beginne mit einem Auszug aus einem
Gedicht von Karoline von Günderrode. Es stammt aus ihren poetischen
Fragmenten. Jegliches Ende Zeilen wie diese wirken über die Jahrhunderte
hinweg. Sie sind quasi von dauerhafter Aktualität, da wir alle
mit diesem Bewusstsein der Endlichkeit "aller Dinge" leben
müssen. Diese Endlichkeit und Vergänglichkeit betrifft alles
und uns alle, ist eine biologische und politische Gegebenheit. Ich denke gerade an ein Zitat der bereits verstorbenen
Schriftstellerin Anita Pichler, das ich mir einst ins Tagebuch geschrieben
habe und das ich jetzt, im Internet unterwegs, auf der Seite "Geschockte
Patienten" wiederum entdeckt habe. Dies ist eine Seite von Christoph
Schlingensief, die auch nach seinem Tod online ist. Und in diesem Zusammenhang auch ein Zitat von Christian Steinbacher: "Na ja, wir alle leben da halt wieder einmal auf sehr unsicherem Grund, nicht?" Und, ja, in der Tat, so ist es. Ich aber mache am Ende dieses Kapitels eine scharfe Kurve und bringe ein Gedicht von der Liebe, ein Gedicht, das als Handlungsanleitung zur Begegnung gelesen werden könnte und in diesem Sinne ein politisches Gedicht ist, wie auch "Liebe" ein politisches Geschehen ist, veränderbar, aber doch auch konstant. Das Gedicht stammt von Michael Oondatje. Ich zitiere es aus dem Buch von Maggie Nelson mit dem Titel "Die Argonauten". Küsse auf den Bauch Küsse auf dein vernarbtes Jeder von uns wurde und zumindest ich Und übrigens: "If all my days are numbered then why do I keep counting?" (Textzeile der US-amerikanischen Rockband The Killers) |