Kapitel 60: C'est la vie  | 
    
Vor kurzem bin ich auf ein Gedicht 
          von Antoine Cassar gestoßen, das mich sehr beeindruckt hat. Auch 
          der Autor, der in der "No Border" Bewegung aktiv ist, hat 
          mein Interesse geweckt. Das Gedicht trägt den Titel "C'est 
          la vie" und ist in vielen Sprachen gleichermaßen geschrieben, 
          ein multilinguales Mosaikgedicht also. (Nachlesen kann man das Gedicht 
          in der Publikation "Muzajk - an exploration in multilingual verse", 
          Edizzjoni Skarta 2008 sowie auf: https://antoinecassar.wordpress.com.) CC’est la vie 
  Dieses Gedicht weiß viel von der Welt, ein 
          bisschen erzählt es von der Sprache, der Sprachverwirrung, die 
          vielleicht keine sein muss und ein bisschen vom Leben, dem wir wie Hasen 
          entgegen-, davon- oder hinterherlaufen: "Lauf, 
          Hase, lauf, lauf lauf." Wenn ich die Zeilen Run rabbit run 
          lese, muss ich an einen Song denken, der, wie ich nun recherchiert habe, 
          von Flanagan & Allen im Jahr 1939 gesungen wurde: "Run 
          rabbit, run rabbit, run, run, run / Run rabbit, run rabbit, run, run, 
          run." Es gibt aber auch einen gleichnamigen Song von Wilfried 
          Scheutz aus dem Jahr 1973: "Wenn du nicht 
          verlieren willst, nimm die Füße in die Hand. Run run rabbit 
          run. Lauf Hase lauf." Ich werde aber auch an eine Strophe 
          eines Pink Floyd Songs, den ich, obwohl ich kein Pink Floyd-Fan bin, 
          war oder sein werde, im Ohr habe. Es handelt sich um den Song "Breathe" 
          und die Strophe lautet folgendermaßen:  Genug von Hasen, die laufen und die uns, jedenfalls in all diesen Texten daran erinnern, dass das Leben gefährlich ist und überdies selbst ein Hase, der uns davonläuft. Zurück zu Gedichten, die viel wissen und zurück zur Frage, was oder wie viel das Gedicht weiß. Dazu stelle ich einen Text der Autorin Irena Habalik vor, den ich in der lesenswerten Anthologie "Versnetze 11" (herausgegeben von Axel Kutsch 2018) entdeckt habe. Was weiß das Gedicht Kennt es seinen Klang, die 
          Farbe, das Gewicht? Du steckst den Kopf in seinen 
          Sand, zählst den Rest Es ergötzt sich an deinem 
          Geschlecht, es ist dein Sprung Ja, was weiß das Gedicht? Und in welcher Art 
          teilt es uns sein Wissen mit, falls es mehr weiß als wir, die 
          Autor*innen und/oder Leser*innen? Wird im Gedicht etwas offensichtlich, 
          etwas wie ein Irrlicht, ein Schicksal, eine Hasenpfote, eine Zuflucht, 
          eine Sprache, die nicht dazu dient, die Gedanken zu verbergen, ein Morgenrot 
          ohne morgen und - gelegentlich - ein Ausblick, ein Einblick, ein Augenblick, 
          ein Überblick, ja vielleicht ein Panoramablick?  |