Kapitel 72: Engel gibt es im Gedicht. Und manchmal auch anderswo. |
Ich beginne mit einem Gedicht von Waltraud Haas. Es handelt von einem Engel. Ja, Engel gibt es. Sie leben in Gedichten, in Liedern, in Bildern, in Träumen, in Umarmungen und wer weiß, wo sie sich sonst noch aufhalten. Oft sind die Engel unsichtbar. Das Gedicht von Waltraud Haas steht in ihrem Buch "Schlaglichter", das 2019 im Klever Verlag erschienen ist und sowohl Lyrik als auch Prosa beinhaltet. Waltraud Haas wieder Jetzt könnte man sich fragen, warum schüttelt
der Engel den Kopf? Dies gehört zu den Fragen, die das Gedicht
offen lässt. Ich denke mir, der Engel lächelt, während
er den Kopf schüttelt, es ist ein erstauntes Kopfschütteln.
Worüber staunen Engel? Wir wissen es nicht. Aber wir dürfen
darüber unsererseits staunen. Waltraud Haas mein weißer engel hockt Ein weiteres Engelgedicht, das ich zitieren möchte stammt von Rose Ausländer. Es heißt "Der Engel in Dir". Man kann es auf der Seite babelmatrix.org finden. Der Band mit Rose Ausländers Gedichten, der bei S. Fischer 2012 in der 7. Auflage erschienen ist, sei an dieser Stelle empfohlen. Rose Ausländer Der Engel in dir Der Engel in dir Aus seinen Flügeln rauschen Er bewacht Lenk deinen Schritt Der Engel dieses Gedichtes ist ein
liebevoller, ein beschützender Engel. Er wohnt, so viel ist klar,
nicht nur im Inneren des Gedichtes, sondern auch im Inneren der Personen,
die von dem Gedicht angesprochen werden. Ja. Im Inneren der Leserinnen
und Leser wohnen Engel. Wir also sind es, die diese Engel beherbergen,
wenn wir es wollen. Sie müssen auch nicht Engel heißen, wir
können sie nennen, wie wir wollen, müssen ihnen auch gar keinen
Namen geben. Sie können Erinnerung heißen, Widerspruch, Zuneigung
oder Regentropfen. Sie können Zuversicht heißen, ja, es wäre
sogar möglich, ihnen gelegentlich den Namen Schokolade oder Schwimmbad
zu geben.
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