Pere Ubu
hatten wir schon mehrmals. Der Song "Loop" befindet sich auf
dem Album "The Art Of Walking" 1980, das 1999 bei Cooking
Vinyl Records als CD wiederveröffentlicht wurde. Are things
clouds or clocks? / What's a swarm of gnats got to do with a pile of
rocks / With a pile of rocks? / What have a bucket and a clean slate
got in common? / Let's go straight over. / What are we waiting for?
/ We should be able to get there easy. / What are we waiting for? /
Let’s go! Das Album wurde in der Besetzung David Thomas (Vocals),
Mayo Thompson (Guitar, Vocals, Piano), Allen Ravenstine (Synthesizer),
Tony Maimone (Bass, Piano, Organ) und Scott Krauss (Drums) aufgenommen.
Nun ein kurzer Ausschnitt aus einem Interview, das Dave Simpson 2015
mit David Thomas für die Zeitschrift The Guardian führte:
Dave Simpson: What music did you listen to in your childhood? David
Thomas: My father had three albums that I listened to endlessly: "The
World Of Harry Partch", a Lenny Bruce live record and this sort
of hootenanny thing, "Hang Down Your Head Tom Dooley". Then
my high-school buddy turned me on to "In C" by Terry Riley
and the Mothers records, and the MC5 set me off on whatever. "Kick
Out The Jams" is still the ultimate rock record. It's got everything
you need to learn about rock music in it. It was like Orson Welles being
shown Stagecoach before he did Citizen Kane. Dave Simpson: What do you
listen to now? David Thomas: I don't really listen to anything. I have
my favourites - any Jackie Leven record will be on for hours and hours.
People give me things and I listen to them, but something that's your
favourite is more subjective. "Trout Mask Replica" is a work
of genius, but it's not a favourite like "In The Year 2525"
by Zager & Evans. I love that record, but it's crap! Hmm, muss
mich gleich mal bei Jackie Leven umsehen und -hören, der ist bisher
vollkommen an mir vorbeigerutscht, bis später.
Ja, Jackie Leven ist hörenswert, er begann seine musikalische Laufbahn
Anfang der 70er Jahre unter dem Pseudonym John St. Field, spielte von
Mitte der 70er Jahre bis Anfang der 80er in der Band Doll By Doll, irgendwie
New Wave, dann war er kurz Sänger der Band C.B.I. (Concrete Bulletproof
Invisible), bei der auch Glen Matlock, der ehemalige Bassist der Sex
Pistols, mit dabei war und 1994 startete er mit dem Album "The
Mystery Of Love Is Greater Than The Mystery Of Death" eine Solokarriere
als Jackie Leven. Es ist irgendwie Folk Rock, hat auch etwas von Gothic
und klingt eigentlich sehr gut und sehr eigen. Jackie Leven starb 2011
im Alter von 61 Jahren an Krebs. Okay, jetzt eine Buchempfehlung, "Pop
- Ein Panorama der Gegenwart" von Jens Balzer, es ist 2016 beim
Rowohlt Verlag erschienen. Über Pere Ubu und Jackie Leven steht
da zwar nichts drinnen, aber was solls, was solls, die sind eben bereits
Vergangenheit. Das Buch beginnt mit den Strokes und den Libertines.
Zum letzten Mal wurde hier eine sehr junge, sehr männliche,
sehr heterosexuelle Rockband mit allen Mitteln der traditionellen Musikindustrie
in das Aufmerksamkeitszentrum der gitarrenrockliebenden Jugend gehievt.
Es gab keine Testphase, die Band wurde als ein wie aus dem Nichts erscheinendes
Ereignis inszeniert. Das Ereignis war überlebensgroß, so
groß, dass man schon beim ersten Anblick ahnte: Es kann ihm kein
Überleben beschieden sein. Und tatsächlich, schon wenig später
war davon nichts mehr übrig geblieben. Kein weiteres auch nur annähernd
erregendes Album ist ihnen mehr gelungen. Auf ihrem zweiten Werk "Room
On Fire" behalfen sie sich 2004 mit einer Variation des Debüts
"Is This It". I wanna be forgotten, I wanna be forgotten,
singt Julian Casablancas im Eröffnungsstück, und das Publikum
dankte es ihm damit, dass es die Strokes in der Tat schnell vergaß.
Es hat in den nuller Jahren nur eine weitere Rockband gegeben, die sich
in prägender Weise mit dem Symbolinventar der heroischen Männlichkeit
zu inszenieren verstand und sie lässt sich interessanterweise als
das dunkle Spiegelbild der Strokes betrachten: Es handelt sich um The
Libertines, ein Londoner Quartett um den Sänger Pete Doherty. Die
Erotik, die sie verströmen, ist keine Erotik der Dominanz und unerreichbaren
Schönheit. Es ist vielmehr eine Erotik der Verpeiltheit, der Überforderung
und Lebensuntüchtigkeit. Ja, sehr männliche und sehr
heterosexuelle Rockbands können einem manchmal ganz schön
auf den Geist gehen. Für die Strokes konnte ich mich nie so recht
begeistern, aber Pete Doherty mag ich, besonders sein Album "Grace
/ Wastelands" 2008. Okay, lest auch das Buch "Kontrasexuelles
Manifest" von Beatriz Preciado, es ist 2003 bei b_books erschienen.
Artikel 1: Die kontrasexuelle Gesellschaft verordnet die Abschaffung
der Bezeichnungen 'maskulin' und 'feminin', die den biologischen Kategorien
(Mann/Frau, Männchen/Weibchen) in den Pässen und den Verwaltungsvorgängen
im allgemeinen entsprechen. Die Codes der Maskulinität und der
Feminität werden im Rahmen der einvernehmlich geschlossenen Zeitverträge
zu offenen Registern, die den Körpern zur Verfügung stehen.
Der kontrasexuelle Vertrag ist ebenfalls im Buch abgedruckt, ein Satz
darin lautet: Ich verstehe mich als Loch und als Arbeiter*in des
Arschlochs. Yeah! David Thomas und Pere Ubu sind sicherlich auch
Arbeiter*innen des Arschlochs. Ich schrieb in meinem Buch "Ein
Buch" im dreizehnten Kapitel "Manitou, mein Arsch wackelt":
sei arschprolet! sei arschproletin! scheiß drauf. scheiß
auf den kapitalismus. scheiß auf den wirtschaftsliberalismus.
du hast keine chance, aber, scheiß drauf. sei frech! move your
mind and your ass will follow. oder umgekehrt. und mein arsch war frech.
und mein karl marx war frech. manitou, mein arsch wackelt. "Ein
Buch" erschien 2011 in der Edition das fröhliche wohnzimmer
und ist noch erhältlich, haha.