Fritzchens Alterswerk

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heute, 09.04.2019, steht dr. schatzl auf meiner liste, ein urologe, wie sollte es auch anders sein.
closerestharn
closerestharn
closerestharn
dr. schatzl arbeitet auf der urologie im akh und nennt auch eine privatpraxis sein eigen. ich habe ihn für meine fragen ausgewählt, da er zugang zu meinen im akh erhobenen befunden hat und ich dadurch nicht gezwungen bin, immer wieder die ganze geschichte herunterbeten zu müssen.
hoffentlich.
die geschichte wird immer länger und es ist leider noch kein ende in sicht.

ich habe mich entschlossen im akh eine einschulung in isk (intermittierender selbstkatheterismus) zu absolvieren.
closeklingt spannend
closeund wenn alles klappt
closehätte ich meinen cystofix wieder los
die technik des isk ist sehr leicht zu erlernen und kann bei entsprechendem training auch schon von kindern ab etwa 6 jahren selbst durchgeführt werden. bei geübten patienten und patientinnen ist das infektionsrisiko nicht höher als beim sterilen intermittierenden katheterismus, der von geschultem personal durchgeführt wird.
closeich glaub, das schaff ich!
closeich glaub, das schaff ich!
closeintermittierender selbstkatheterismus!
closebei gott, das schaff ich!
closebei gott, das schaff ich!
closenochmal: intermittierender selbstkatheterismus!

closees rinnt der urin wenn der katheter drin!
closees rinnt der urin wenn der katheter drin!
my fair fritz. ich hätte gott durch marx, kropotkin, goldman etcetera ersetzen können, aber was solls, gott kennt jeder und jede, egal ob er oder sie an ihn glaubt oder nicht.
close12 uhr 05
closespontangott: 190 milliliter
closerestgott: 30 milliliter

abends hab ich dichter eine lesung zum thema "die stadt als text", sie findet um 19 uhr im republikanischen club neues österreich in der rockhgasse im ersten bezirk statt. mit mir lesen noch die dichter*innen lucas cejpek, ilse kilic, margret kreidl und irene wondratsch.

(…)
die veranstaltung "die stadt als text" war very good besucht, ich habe das gedicht die stadt als text, eine veranstaltung der grazer autorinnen autorenversammlung zum besten gegeben:

bei stadt und text fällt mir doch einiges ein, oder nicht,
nicht graz, nein, graz nicht und auch nicht handke, ich
schreibe gedicht, das ist keine pflicht, sondern nur eine
idee von mir, wir lieben dir, bei stadt und text fällt der

groschen und das buch "besetzte stadt" von paul ich bin
die straße van ostaijen, eine empfehlung für jeden haus-
halt, texte wehen, texte erobern, texte erobern die stadt,
texte besetzen die gebäude, ich habe die gebäude entsetzt,

2006, unter pseudonym natürlich, ich bin gerne pseudo-
nym, die stadt auch, krachpeng und in flammen, die akh-
personalvertretung am puls der zeit und immer für sie da,
pijp pal pop, kaputtes uhrwerk, dieses gedicht ist keine

pfeife, die "besetzte stadt" wurde 1921 geschrieben, als
stadt, als text, als pfeifsignal, es ist der regen der fällt,
es ist der regen, die stadt hat durst, es ist der regen und
es war die situationistische internationale, die der stadt

eine wichtige rolle in der kunst und politik sicherte, i
have no problem with my problems, stadtluft macht frei
und nicht nur die atmungsorgane, wir stehen zwischen
zwei welten, einer, die wir nicht anerkennen, und einer

anderen, die noch nicht existiert, es ist ein spaziergang
der lange dauert, coffee to go, es ist ein langer spazier-
gang, bis der urbane raum nicht mehr von den kräften
des marktes bestimmt sein wird, es ist eine lange suche

nach neuen wegen, die physische wirklichkeit der stadt
als einen raum des spiels und der menschlichen selbst-
verwirklichung zu nützen, achtung, dieser weg wird bei
schneelage nicht gesäubert und bei glatteis nicht gestreut,

die benützung erfolgt auf eigene gefahr, und nicht nur am
donnerstag, nein, nicht nur am donnerstag machen wir uns
auf den weg, die kapitalistische vorstellung von glück zu
zerstören, love sex hate sexism, noch mal, noch mal, noch

mal, wir bauen eine neue stadt, gibst du mir steine, geb ich
dir sand, gibst du mir wasser, rühr ich den kalk, wir bauen
eine stadt, in der vergnügen und schönheit mehr zählen als
gewinn oder tausch, schau ich dich an, ich schau dich an,

ohne zuckerzusatz, ja, ganz ohne zuckerzusatz schau ich
dich an, wie sagte guy debord so vergnügt und schön, wir
wünschen, ja, wir wünschen eine neue lebensform außerhalb
jedes künstlerischen ehrgeizes zu schaffen, wo ist das leben

ohne streben, wir machen unsere spaziergänge nicht um arm
zu werden, wir treiben, langsam, aber unaufhaltsam auf ein
vergnügtes und schönes leben zu, sehenden auges, schuh und
schlüssel, dass es draußen immer kälter wird, liegt nicht nur

am winter, krank, fragezeichen, keep calm, rufzeichen, ich bin
pflegefachassistent*in, naja, jedenfalls mag ich winter, diese
immergleiche müdigkeit so vieler ähnlich verbrachter nächte
und tage in einer bar mit dem namen "das ende der welt" z.b.,

das leben kann nie zu desorientierend sein, nie, nie ohne die
große gefahr uns zu irren, nie, eines meiner ersten gedichte
lautete folgendermaßen, "das erfreuliche am winter ist, dass
die, die nicht lügen, auch rote nasen haben", ich habe es mit

urin in den schnee geschrieben, in einen wiener beserlpark
gepinkelt, so-zu-sagen, wien bietet genug raum, um auch
längere gedichte in den schnee pinkeln zu können, ja, wien
wien, nur du allein, wurde der text, den zu lesen ich mich

anschickte, dort, wo die alten häuser stehn, der text, an dem
ich mich entschloss mit-zu-schreiben, dort, wo die lieblichen
mädchen gehn, zu ihren psychogeographischen forschungen
aufbrechen und anhand eines stadtplans von wien die stadt

paris erwandern, zu nacht durchwandern wir die stadt und
merken des volkes launen, das hat shakespeare geschrieben,
oder auch nicht shakespeare, wenn man der schriftstellerin
delia bacon und ihrem buch "the philosophy of shakespeares

plays" vertrauen schenken will, egal, wien war nicht meine
erste wahl, die stadt meines jugendlichen begehrens war
paris, die stadt, die als text in meinen büchern über dada
surrealismus, lettrismus, situationistische internationale

etcetera etcetera in allen mir erdenklichen farben blühte,
eine andere welt ist möglich, stand mir vor augen geschrie-
ben, hunderte von zwängen beeinträchtigen das dasein, und
nur hartnäckiger widerstand dagegen wird es befreien, schrie

emma goldman, jawohl, auch frauen können schreien, männer
macht ist uns verhasst, schwanz ab, viele frauen gab es auch
in den reihen der situationistischen internationale nicht, für-
wahr, es gab das problem "frau" in der s.i. nicht, da außer mir

und michèle bernstein keine anderen aktiven frauen beteiligt
bzw. mitglied waren, sagt jacqueline de jong 1998 in einem
interview von und mit dieter schrage, ok, paris scheiterte an
meinem zarten alter und dem fehlenden reisepass, ich suchte

eine andere stadt für ein anderes leben, gut so, wir fordern
das abenteuer, mit 16 jahren habe ich mich für ein leben als
glamdiva begeistert, ich fühlte mich sehr weiblich oder was
ich halt so mit 16 darunter verstand, verstehen konnte, ach

warum sind denn nicht alle so heiß, ja ist es denn ein wunder,
1972 war ich 16 jahre alt, 1972 löste sich die situationistische
internationale auf, guy debord nahm sich 1994 nach längerer
krankheit das leben, wir sind getrennt, die jahre vergehen

und wir haben nichts verändert, 1972 war aber auch das jahr
des glam, paris war schon lange nicht mehr die hauptstadt
der avantgarden, gab es glam in paris, naja, nicht wirklich,
die kurzlebige band blue vamp könnte man an dieser stelle

lobend erwähnen, blue vamp, ich finde es durchaus wichtig
die musik einer stadt zu erkennen, um sie richtig lesen zu
können, music 4 human rights, die hauptstadt des glam war
london, aber london erreichte ich erst in den 90er jahren, als

tourist, ich liebe meine filmkamera, weil ich das leben liebe,
ich nehme die besten momente des lebens auf, ich lasse sie
nach meinem willen in ihrer ganzen pracht wieder aufleben,
unfug, die welt als wille und vorstellung dient heutzutage

nur mehr dazu, jene für ihre lage verantwortlich zu machen,
die am wenigsten die chance geboten bekommen, an dieser,
ihrer lage, aktiv mitzuschreiben, zumindest können sie die
lage lesen, aber auch das richtig lesen, ist für jene im unter-

richt nicht mehr vorgesehen, eine andere kulturpolitik ist von
nöten, arbeite nie, zumindest nicht mehr als unbedingt nötig,
fortschritt lässt sich ausschließlich daran bemessen, inwieweit
die gesellschaftlich nötige durchschnittliche arbeitszeit sich

verringert, nein, schreiten wir nicht fort, schlendern wir da-
hin, ich schlenderte über kleine umwege richtung wien, wo
ich schließlich 1976 ankam, ein umweg führte mich nach linz,
doch linz war in der ersten hälfte der 70er noch nicht wirklich

stadt und das gesunde landleben hatte ich bereits lang genug
gelesen, von vorne nach hinten und von hinten nach vorne, ich
hatte mich in einen linzer vernarrt, huch, wer ohne jede narr-
heit lebt, ist nicht so weise, wie er glaubt, sagt ein sprichwort,

oder so ähnlich ähnlich, ein anderes von vielen sprichwörtern
sagt, ein närrischer kopf wird nicht grau, ich bin inzwischen
weiß geworden, auf dem schimmernd weißen schnee, tummeln
sich die raben, das steht in einem gedicht der lyrikerin betty

paoli zu lesen, ja, gedichte sind absonderlich und süß, was ich
in wien 1976 als text, als gedicht, zu lesen bekam, trug "arena,
die besetzung des auslandsschlachthofes st. marx" als titel, ich
verliebte mich auf den ersten blick in dieses gedicht, wir sind

forschung, wir sind überleben, wir haben diese gebäude besetzt,
nicht weil wir eine vorliebe haben, für alte gebäude, sondern weil
wir ein bedürfnis nach neuen inhalten haben, wien war natürlich
eine menge text, und ist es immer noch, text text text, welt ist

eine noch viel größere, und das universum erst, text text text
der auf keiner kuhhaut platz hat, und auch auf keinem smart-
phone, österreich gehört den optimisten, övp, zum glück bin ich
kein optimist, und werde wohl nie einer sein, wahrlich wahrlich,

ich kann optimisten nicht ausstehen, optimistinnen auch nicht,
aber denen gehört in österreich sowieso so gut wie gar nix, wie
sagt jean cocteau so laut, so schön, so stadt, die zukunft gehört
niemandem, es gibt keine vorläufer und vorläuferinnen, es gibt

nur nachzügler und nachzüglerinnen, schwein gehabt, ich zügle
gerne nach, steig ein, wir fahren, die verkehrsbetriebe deiner
stadt, bringen sie wien weiter, übe dich in langsamkeit, sagte
novalis, da franz sogt: stress di net, der fritz sagt: autos raus

aus den städten, autos sind laut und stinken zum himmel, der
verkehr ist weltweit einer der größten klimakiller, treibhaus-
gase, treibhauseffekt, der anstieg der durchschnittstemperatur
durch die abgabe und anreicherung so genannter treibhausgase

in die erdatmosphäre, schwere krankheiten sind nicht mehr das
ende, manchmal aber doch, ich glaubte, es wäre ein abenteuer,
aber in wirklichkeit war es das leben, schrieb der schriftsteller
joseph conrad, jawohl, es ist das leben, unser leben, ihre sorgen

möchten wir haben, druckte die wiener städtische auf die plakate
ihrer werbekampagne "lebe das leben", denn mit der richtigen
versicherung lässt sich das leben in jedem alter genießen, ois ok
im warteraum zum echten leben, es ist nur die sprache die uns

trennt, oder mehrere biere, denn mit dem mittelmaß gibt man
sich im so genannten echten leben nicht zufrieden, das mittelmaß
sagt der duden, gebrauch oft abwertend, ach gotterchen, wir sind
ja alle so besonders besonders, noch mal, noch mal, noch mal, so

besonders besonders, schwein gehabt, pech gehabt ali, sagt die
freiheitliche partei österreichs, da fronz sogt: neamd ko mi zwinga
auf sei oart frei zu sein, der fritz sagt: aufhören aufhören aufhören,
hören wir nicht, dann sehen wir wie es aufhört, ich rate ab, frohen

mutes kommt donnerstag, wir sind jetzt zusammen, do, do und do,
es ist wieder donnerstag, im gehen kommen die gedanken, ihr
werdet euch noch wundern, wer da aller geht, oh, meine augen,
ich bin gerne bereit viel gutes zu lesen, achtung videoüberwacht.

ilse sagte nach der veranstaltung, mein gedicht sei etwas zu agitatorisch geraten.
das mag wohl stimmen, doch so soll es sein.
so will es sein.
bier haben wir nach der überaus gelungenen veranstaltung auch einige getrunken.
ja, so soll es sein.
so will ich sein.

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